Frage an Josef Göppel von Ewald B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Göppel,
ich bin zwar kein ausgewiesener Anhänger der CSU, trotzdem stelle ich fest, dass Ihre Partei doch den einen oder anderen vergleichsweise eigenwilligen, frei denkenden Charakter hervorgebracht hat. Mir gefallen die meisten Ihrer Antworten hier. Ich möchte meine Frage auch deshalb gerade an Sie stellen. Als politisch interessierter Bürger verfolge ich natürlich auch viele öffentliche Debatten. Was die grundsätzliche, politische Positionierung betrifft, stellten früher CDU/CSU und SPD die weltanschaulichen Pole dar, was auch markante Persönlichkeiten wie Strauß und Wehner hervorgebracht hat. Durch die Annäherung der SPD an die Sichtweise der Konservativ/Liberalen während der Amtszeit Schröders verwischten sich die Unterschiede zwischen den beiden Lagern, auch wenn diese natürlich durchaus noch vorhanden sind. Inzwischen scheint sich die weltanschauliche Polarisierung eher auf FDP und Linke verlagert zu haben. Insofern wundert es nicht, dass kleine Parteien an Zuspruch gewinnen und große verlieren. Eines der Markenzeichen konservativ-liberaler Politik war es, Märkten ein hohes Maß an Freiheit zu überlassen, Stichwort: Selbstheilungskräfte des Marktes, Deregulierung.. CDU/CSU gaben dem zwar noch eine soziale Note, die grundsätzliche Ausrichtung war aber ähnlich wie bei den Liberalen. Eingriffe des Staates in die Märkte entsprachen eher der Ideologie des politisch linken Spektrums. Was mich und viele andere Bürger derzeit sehr irritiert, ist die Tatsache, dass nun eine Mehrheit aus CDU/CSU und FDP einen planwirtschaftlichen Eingriff nach dem anderen in die Märkte vornimmt, und zwar in einer ungeahnten Größenordnung, während die Linken dagegen stimmen. Sind die Konservativ-Liberalen die wahren Kommunisten, Planwirtschaftler und staatlichen Regulierer? Ist Weltanschauung nur etwas für Sonntagsreden und wird, wenn sie sich in der Wirklichkeit bewähren muss, umgehend über Bord geworfen?
Besten Dank für Ihre hoffentlich ehrliche und kluge Antwort
Sehr geehrter Herr Beck,
in der Regulierung von Finanzmärkten kann ich keinen planwirtschaftlichen Eingriff erkennen. Im Gegenteil - die Union stellt sich damit im besten Sinne in die Tradition von Ludwig Erhard als Begründer der sozialen Marktwirtschaft. Seine Grunderkenntnis lässt sich so zusammenfassen: Eine freie Wirtschaft ist besser als Staatsbetriebe, aber ohne staatliche Spielregeln geht es nicht.
Das unverantwortliche Spiel an den Finanzmärkten wurde erst durch die Deregulierung in den 80er und 90er Jahren möglich. Das neoliberale Mantra der Selbstheilungskräfte des Markts wurde vor allem in den USA bedenkenlos von der Politik übernommen und die staatliche Aufsicht immer weiter geschliffen. Während man für ein Schneeballsystem mit einem Schaden von einigen Millionen in das Gefängnis kommt, pokerte die Elite der Finanzwelt mit Hunderten von Milliarden. Der Unterschied ist, dass den Schaden nun die Steuerzahler und die Beschäftigten tragen. Banken erfüllen eine wichtige Aufgabe bei der Finanzierung von Unternehmensinvestitionen. Die Zocker wussten, dass ab einer bestimmten Größe einer Bank die Politik eingreifen muss, um die Konsequenzen für Arbeitsplätze und Wirtschaftsentwicklung nicht ausufern zu lassen. Die Folge: Steuerlast und Angst um den Arbeitsplatz bei den einen, Wohlstand und Straffreiheit bei den eigentlich Verantwortlichen. Michail Gorbatschow, der das Ende der kommunistischen Ideologie eingeläutet hatte, warnte schon im Jahr 2000: "Der Fundamentalismus der Globalisierer ist genauso gefährlich wie der islamische Fundamentalismus oder der kommunistische."
Ich sehe mich durch die Finanzkrise in meiner Grundüberzeugung bestätigt, dass die Marktwirtschaft soziale und ökologische Schranken braucht. Schon im Jahr 1998 schrieb ich: „Es wächst die Erkenntnis, dass jeder Wettbewerb Regeln braucht, um die brutale Durchsetzung des Rechts der Stärkeren zu verhindern. Die wirtschaftliche Dynamik muss sich in einem politischen Werterahmen vollziehen, der soziale und ökologische Ziele sichert.“ (Hier finden Sie den Artikel „Regionale Kreisläufe und globaler Markt“: http://www.goeppel.de/fileadmin/template/goeppel/user_upload/Texte/080118_regionale_kreislaeufe_und_globaler_markt.pdf ) Im Jahr 2000 forderte ich: „Auch wenn es utopisch klingt, die Besteuerung der internationalen Finanztransfers muss über kurz oder lang kommen. Natürlich ist es schwierig, dafür einen koordinierten internationalen Einstieg zu finden. Nachdem aber alle Staaten vor dem gleichen Problem stehen, nämlich die Daseinsvorsorge ihrer Bürger finanzieren zu müssen, obwohl inzwischen der größte Teil der Wertschöpfung an ihren Kassen vorbei läuft, könnte die Aufnahme solcher Regelungen in die internationalen Finanzabkommen gelingen.“(Hier finden Sie den Artikel „Die Farben der Zukunft“: http://www.goeppel.de/fileadmin/template/goeppel/user_upload/Texte/2000_farben_der_zukunft.pdf )
Ich halte meine Position für im besten Sinne konservativ: Es geht mir um die Bewahrung freien Unternehmertums, das in fairem Wettbewerb zueinander steht und damit letztlich allen Bürgern dient. Die Spielregeln dafür setzt der Staat!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Josef Göppel