Frage an Johannes Jung von Ernst S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Noch vor wenigen Tagen freuten sich viele über die Meldung, dass ein Gesetz das Rauchen nicht nur in staatlichen Einrichtungen, sondern auch in anderen Bereichen wie Restaurants verbieten wird. Sogar zahlreiche Raucher haben sich mit dieser Lösung abgefunden - wie bereits in vielen Ländern. Heute sieht plötzlich alles wieder anders aus: Verfassungsbedenken sind plötzlich aufgetaucht - und das Ganze wird nun zur Ländersache erklärt. Für dieses Hin und Her habe ich kein Verständnis. Gibt es denn immer weniger Politiker, die ein Problem bis zu Ende denken können? Wie sieht Ihre Position aus? Treten Sie für den beabsichtigten uneingeschränkten Gesundheitsschutz der Nichtrauer ein oder wollen Sie eher den Qualm auch an Orten weiterdampfen lassen, an denen sich Nichtraucher gesundheitlich gefährden und sich nach einem Restaurantbesuch selbst nicht mehr riechen können? Wie wollen Sie den erweiterten Schutz der Nichtraucher voranbringen?
Sehr geehrter Herr Scheifele,
vielen Dank für Ihre E-Mail in Sachen Nichtraucherschutz. Das, was da in den letzten Tagen beim Nichtraucherschutz veranstaltet worden ist, ist mehr als ärgerlich. Um es klar und deutlich zu sagen: Ich bin für einen umfassenden Nichtraucherschutz, der bundesweit gilt. Ich war damals einer der ersten, der einen entsprechenden Gruppenantrag unterschrieben hat. Dieser sieht einen durchgängigen Schutz der Bürgerinnen und Bürger in allen öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln, Schulen und Universitäten vor Passivrauchen vor. Wir fordern künftig ebenfalls den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an allen Arbeitsplätzen, also auch im Bereich der Gastronomie – ohne Ausnahmen. Unser Vorschlag, einfache und klare Regelungen zu erarbeiten, wurde zu unserem großen Bedauern in der Koalitionsarbeitsgruppe von der CDU/CSU nicht mitgetragen. Diese Arbeitsgruppe sollte einen Kompromiss finden zwischen jenen Kräften, die weniger Schutz wollten, und jenen, die umfassenden Schutz vor Passivrauchen wollten. Die Aufgabe war, einen für beide Seiten akzeptablen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Nun soll zukünftig in allen öffentlichen Gebäuden, in Krankenhäusern, Bussen und Bahnen, in Diskotheken und Restaurants Rauchverbot herrschen. Eigens gekennzeichnete, belüftungstechnisch zuverlässige und baulich getrennte Raucherräume können eingerichtet werden. Schankwirtschaften und Bierzelte sollen vom Verbot ausgenommen werden.
Diese "Lösung" ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Gruppierungen große Erwartungen an die Arbeit gerichtet haben, suboptimal, aber als erster großer Schritt in die richtige Richtung erträglich. Wichtig ist dabei der Ansatz, dass hier eine Regel- Ausnahmebeziehung definiert wird, die den Schutz zur Regel und die Gefährdung zu Ausnahme macht – anders als bisher. Was aus meiner Sicht nicht sein kann, ist ein Flickenteppich von 16 verschiedenen Landesregelungen. Die Bundeskanzlerin hat den Nichtraucherschutz jetzt zur Chefsache erklärt. Ich hoffe, dass bei den jetzt anstehenden Gesprächen mit den Ministerpräsidenten eine Lösung gefunden wird, die den berechtigten Interessen der Nichtraucher gerecht werden. Wenn diese Chefsache Erfolg hat, gibt es ebenso schnell eine bundeseinheitliche Regelung, wie mit einer bundesgesetzlichen Regelung. So ärgerlich der Vorgang um den Nichtraucherschutz auch ist, so deutlich zeigt dieser aber auch, dass das Justizministerium seiner Aufgabe als Verfassungsministerium nachkommt. Es prüft Gesetzentwürfe auf ihre Verfassungskonformität. Erst wenn das BMJ gegen ein Gesetz keine verfassungsrechtlichen Bedenken hat, beschließen Bundeskabinett, Bundestag und auch der Bundesrat ein solches Gesetz.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Jung