Frage an Heike Rung-Braun von Eugen H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Rung-Braun,
Sie kandidieren zur Landtagswahl 2016 in Rheinland-Pfalz.
Unsere Atemluft ist natürlicherweise hochgradig sauber, und das ist auch gut so, denn Atemluft ist das Lebensmittel Nr. 1; ohne Luft können die wenigsten Menschen mehr als 3 Minuten überleben. Deshalb ist saubere Atemluft genauso wie sauberes Trinkwasser ein Menschenrecht.
Leider müssen viele Menschen immer noch durch Tabakrauch verschmutzte, stinkende, vergiftete Luft einatmen.
Bedenken Sie: Meine Lunge ist privat, auch im öffentl. Raum und unter freiem Himmel! In meine Jackentasche greift normalerweise keiner unbefugt hinein.
Darum frage ich Sie:
1) Sind Sie mit mir konform, dass saubere Atemluft ein Menschenrecht ist?
2) Niemand darf ohne sein ausdrückliches Einverständnis Tabakrauch ausgesetzt werden, auch unter freiem Himmel.
Würden Sie ein entsprechendes Gesetz befürworten?
3) In Anwesenheit von Kindern, Schutzbefohlenen, Beschäftigten und wirtschaftlich Abhängigen darf ausnahmslos (!) nicht geraucht werden, auch unter freiem Himmel.
Würden Sie ein entsprechendes Gesetz befürworten?
4) Im Herbst wurde mir und meiner Familie ein Musikabend unseres Kulturvereins in einem Weingut hier am Wohnort durch stinkenden, giftigen Tabakrauch vergällt. Trotz Aufforderung durch die Vereinsvorsitzende, nicht zu rauchen, qualmte ein Kettenraucher vor uns weiter; Aschenbecher waren nicht aufgestellt worden. Andere Sitzplätze gab es nicht.
Der Winzer und die Vorsitzende scheuen den Disput, per Hausrecht ein Rauchverbot durchzusetzen.
Was schlagen Sie konkret lösungsorientiert vor, um das Rauchen sofort, d. h. innerhalb einer Minute, zu unterbinden, ohne dass ich mit jedem Hausherrn neu diskutieren muss?
Mit freundlichen Grüßen
E. H.
Sehr geehrter Herr H.,
in der Rechtsberatung würde ich Sie auf die aktuellen gesetzlichen Grundlagen im Umgang mit Luftverschmutzung hinweisen:
1.)
Ich zitiere aus: http://www.luft-rlp.de/info/grundlagen/
Aufgaben und Ziele der Luftreinhaltung, gesetzliche Grundlagen
Saubere Luft ist ein unverzichtbares Gut. Jeder ist auf sie angewiesen. Denn wir atmen tagtäglich - je nach körperlicher Aktivität - etwa 20 bis 50 Kubikmeter Luft ein. Saubere Luft ist daher zum Schutz der menschlichen Gesundheit und unserer gesamten Umwelt sehr wichtig. Zentrale Aufgabe der Luftreinhaltung ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer zuträglichen Luftqualität, sowohl im lokalen Umfeld wie auch im weiträumigen Maßstab. Im Vordergrund steht dabei zunächst der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, die als Immissionen auf den Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und Sachgüter einwirken. Ferner gilt es, Gefahren und Belästigungen, die beim Betrieb von Anlagen auftreten können, zu vermeiden. Durch Minderung der bestehenden Immissionsbelastung verfolgt die Luftreinhaltepolitik langfristig das Ziel, schädlichen Umwelteinwirkungen konsequent vorzubeugen (Vorsorgeprinzip). Gesetzliche Grundlagen Durch das "Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) wurde 1974 die gesetzliche Grundlage für eine wirksame Luftreinhaltung geschaffen. Es enthält anlagenbezogene, gebietsbezogene und produktbezogene Handlungsansätze zum Immissionsschutz. Insgesamt 27 Verordnungen und fünf Verwaltungsvorschriften konkretisieren und präzisieren den Text des Gesetzes.
2.)
Ich zitiere aus:
http://www.rauchfrei-info.de/informieren/gesetzliche-regelungen/laendergesetze-zum-nichtraucherschutz/rheinland-pfalz/ ; die Seite ist Ihnen sicher bereits bekannt:
In Rheinland-Pfalz darf in öffentlichen Einrichtungen, Krankenhäusern, Pflege- und Seniorenheimen und Schulen nicht geraucht werden. Öffentlich genutzte Gebäude wie Kinos, Theater, Museen, Sportstätten und Universitäten unterliegen ebenfalls dem Rauchverbot, auch wenn sie sich in privater Trägerschaft befinden.
Das Gesetz umfasst zudem ein Rauchverbot in Gaststätten. Bedingt durch die im Zuge des Grundsatzurteils des Bundesverfassungsgerichts (30. Juli 2008) notwendig gewordene Neuregelung des Gesetzes, wurden diese Regelungen zum Teil aber wieder aufgehoben. Demnach ist das Rauchen in Betrieben mit nur einem Gastraum, der eine Grundfläche von weniger als 75 Quadratmetern hat, erlaubt. In diesen Gaststätten müssen außerdem folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Es dürfen keine oder nur "einfach zubereitete" Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle als untergeordnete Nebenleistung angeboten werden.
Außerdem kann die Betreiberin oder der Betreiber einer solchen Gaststätte das Rauchen in Gasträumen in der Zeit, in der dort ausschließlich geschlossene Gesellschaften nicht kommerzieller Art in privater Trägerschaft stattfinden, erlauben, falls dies von den Veranstaltern gewünscht wird.
In abgetrennten, gekennzeichneten Nebenräumen darf ebenfalls geraucht werden. Allerdings dürfen Gastwirte in diesen Nebenräumen keine Tanzflächen einrichten. Zeitweilig genutzte Festzelte sind ebenfalls vom Rauchverbot ausgenommen. Ein Hinweis im Eingangsbereich muss jeweils auf das Rauchverbot aufmerksam machen.
3.
Wer eine Gaststätte führt, öffnet seine Räume für den öffentlichen Verkehr. Insofern muss auch deshalb das NRSchG beachtet werden. Möglicherweise handelte es sich bei der von Ihnen beschriebenen Veranstaltung in einem Weingut um eine geschlossene Gesellschaft nicht kommerzieller Art außerhalb des Gaststättenrechts.
In privaten Räumen greift das NRSchG nicht. Es obliegt dem Hausherrn zu bestimmen, ob in seinen Räumen geraucht wird oder nicht. So wie Sie schildern waren weder der Veranstalter noch der Hausherr bereit, den Raucher des Raumes zu verweisen. Der Hausherr hätte meines Erachtens die Polizei rufen können, damit diese einen ausgesprochenen Platzverweis durchsetzen. So wie Sie es schildern, wollte der Hausherr aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen. Das ist dessen persönliche Freiheit.
Umgekehrt hätten dann Sie die persönliche Freiheit besessen, Ihren Protest auszudrücken und die anderen gestörten Besucher aufzufordern, gemeinsam mit Ihnen, die Veranstaltung zu verlassen und ggfls. das Eintrittsgeld zurückzuverlangen. Es hat Sie niemand gezwungen, sich dem Rauch weiter auszusetzen.
Das Nichtraucherschutzgesetz ist von der Grundlage her ein Arbeitnehmerschutzgesetz, weil ein Arbeitnehmer auf sein Einkommen angewiesen ist, und deshalb nicht einfach seinen Arbeitsplatz verlassen darf, weil ein Kollege raucht. Mit dem NRSchG darf er einen rauchfreien Arbeitsplatz verlangen. Gleiches gilt für Krankenhäuser, in der Regel auch für Kindergärten, Schulen und sonstige öffentliche Gebäude, öff. Verkehrsmittel.
Die Grenze seiner staatlichen Kontrollmöglichkeit sieht der Gesetzgeber in der Privatsphäre, diese ist geschützt. Der Staat hat sie zu wahren und zu achten.
4.
Ich rate Ihnen, bei der nächsten Mitgliederversammlung einen Antrag zu stellen, dass bei allen Veranstaltungen Ihres Kulturvereins ein Rauchverbot gilt, bzw. Ihr Verein vom Hausherrn ein Rauchverbot als Vertragsgrundlage für die Veranstaltungsdurchführung in den dortigen Räumen macht. Wenn dann ein solcher Vertrag geschlossen wäre und ein Gast würde sich widersetzen, würde der Gast sein Gastrecht missbrauchen und könnte des Raumes verwiesen werden. Oder der Veranstalter müsste unter Berufung auf die Vertragsverletzung abbrechen und ggfls vom Vermieter Ersatz für evtl. Ausfall verlangen.
Der freie Himmel gehört niemandem persönlich. Deshalb kann allenfalls das Rauchen auf einem bestimmten Gelände oder Platz verboten werden, nicht aber generell unter freiem Himmel.
Das wäre ein zu starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines Rauchers. Und da sind wir wieder bei ihrem Persönlichkeitsrecht und ihrer Freiheit, jederzeit einen bestimmten Platz verlassen zu dürfen, wenn es Ihnen dort aus welchen Gründen nicht gefällt oder zu arg stinkt.
5.
Leben und leben lassen heißt für mich, dass ich einem Raucher das Rauchen nicht gesetzlich verbiete, solange seine nichtrauchenden Mitmenschen die höchstpersönliche Freiheit und uneingeschränkte Wahlmöglichkeit haben, sich nicht in dessen Nähe aufhalten zu müssen.
Die politische Forderung, Eltern müsste verboten werden, in Gegenwart ihrer Kinder in der Privatwohnung oder in einem Auto zu rauchen, halte ich deshalb für problematisch, weil wir dann die Staatsgewalt - sprich Polizei - anhalten müssten, diese Privatsphären zu kontrollieren. Mit einem Hausdurchsuchungsbeschluss? Mit Tabakrauchmessgeräten?
Der gesunde Menschenverstand gebietet es meines Erachtens, in solchen Fällen in Gegenwart von Schutzlosen nicht zu rauchen. Aber der gesunde Menschenverstand ist ein subjektiver Begriff ... und wird von Rauchern und Nichtrauchern unterschiedlich bewertet.
Freundliche Grüße
Heike Rung-Braun