Frage an Heike Hänsel von Dieter K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Hänsel,
wie ist die Entwicklung der sogenannten Ich-AGs. Ich möchte wissen, wie hoch hier die Erfolgsquote ist. Wieviele finden hier einen Weg zu weiterer Erwerbstätigkeit, und wieviele Scheitern und müssen wieder zurück zum Arbeitsamt und dann von deren Leistungen leben.
Für eine Antwort bedanke ich mich herzlich.
Dieter koch, Loffenau
Sehr geehrter Herr Koch,
die Ich-AG war Anfang 2003 zusammen mit anderen Elementen der Hartz-Reformen eingeführt worden, um Arbeitslosigkeit durch Existenzgründungen abbauen zu helfen. Zunächst hatten alle Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld und -hilfe Anspruch darauf. Mit Hartz IV -- Anfang 2005 - wurde der Zuschuss mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf Empfänger des Arbeitslosengeldes I (ALG I) beschränkt.
Zwischen Juni 2003 und März 2004 begannen rund 344.000 Personen eine Selbstständigkeit als erste oder einzige Erwerbstätigkeit. Ein knappes Drittel davon waren Frauen. Im Jahre 2005 wurden knapp 248.000 Neugründungen aus Arbeitslosigkeit von der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Davon entfielen 37% auf die Ich-AG.
Eine Ich-AG konnte bis zu drei Jahre gefördert werden. Die Förderung war im Zeitverlauf degressiv gestaltet mit 600 Euro monatlich im ersten Förderjahr, 360 Euro monatlich im zweiten und 240 Euro monatlich im dritten Jahr. Das jährliche Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit durfte dabei 25.000 EUR nicht überschreiten. Da eine Förderung mit dem Überbrückungsgeld (dies war neben der Ich-AG der zweite seit längerem existierende Weg aus der Erwerbslosigkeit in die Selbstständigkeit) und dem Existenzgründungszuschuss (Ich-AG) für Leistungsempfänger/innen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) nach dem zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen SGB II nicht mehr möglich war, hatte sich 2005 die Zahl der Zugänge in die beiden Instrumente etwas verringert.
Ab Juli 2006 wurden beide von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geförderten Wege in die Selbstständigkeit zu einem einheitlichen Instrument, dem Gründungszuschuss, zusammengelegt. Zwei der wichtigsten Gründe dafür bestanden zweifellos im Nebeneinanderbestehen zweier ähnlicher Arbeitsmarktinstrumente und der daraus resultierenden Probleme der Planbarkeit sowie erheblichen Aufwendungen, die 2005 rd. 3,5 Mrd. betrugen - eine Mrd. mehr als geplant. Die Existenzgründungsförderung erwies sich damit als teuerstes Einzelinstrument der BA.
Was die Erfolgsraten und damit Ihr besonderes Interesse angeht, so sind die uns bekannten statistischen Angaben leider nur bruchstückhaft und unvollkommen. Die mit der Evaluierung der Hartz-Gesetze (Hartz I-III) beauftragten Wissenschaftler hatten die Erfolgsquote der Ich-AG´s eineinhalb Jahre nach deren Einführung beurteilt. 80 Prozent derjenigen, die meist allein ein Unternehmen in der Dienstleistungsbranche gründeten und Geschäfte eröffneten, Autos reparierten oder zu freien IT-Experten wurden, hatten zu dem Zeitpunkt überlebt. Zweieinhalb Jahre nach Beginn der Förderung im Rahmen der Ich-AG war mehr als die Hälfte der Empfängerinnen und Empfänger noch nicht zurück in die Arbeitslosigkeit gekehrt, hieß es nach damals vorliegenden Informationen.
Die Auswertung von Befragungsergebnissen 28 Monate nach der Gründung zeigte, dass ein Großteil der Geförderten noch selbstständig war, wobei die Selbstständigenquote in den untersuchten Gruppen mindestens 66 und maximal 81 % betrug. 15% der ehemals Selbstständigen war nach Abbruch wieder sozialversicherungspflichtig beschäftigt, während 14% der ehemals Geförderten wieder arbeitslos gemeldet waren. (Siehe IAB-Kurzbericht 10/2007).
Für weitergehende Informationen zu diesem Thema empfehle ich zwei Publikationen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB): "Neues von der Ich-AG -- Nicht jeder Abbruch ist eine Pleite"(IAB-Kurzbericht 2/2005) http://doku.iab.de/kurzber/2005/kb0205.pdf und "Existenzgründungen -- Unterm Strich ein Erfolg" (IAB-Kurzbericht 10/2007) - http://doku.iab.de/kurzber/2007/kb1007.pdf.
Mit freundlichen Grüßen
Heike Hänsel, MdB