Frage an Gerlinde Stobrawa von Marcus L. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Stobrawa,
wie viele andere bin ich Befürworter des BBI.
Jedoch mussten wir feststellen, dass seit einigen Jahren insbesondere die Fluggesellschaften easyjet und germanwings sehr gerne "Abkürzungen" in schon sehr niedriger Flughöhe über bewohntes Gebiet vorziehen, obwohl andere die vorgeschriebenen Flugruten weiter östlich über den Feldern (nur wenige hundert Meter Luftlinie) nutzen. Insbesondere im Ortsteil Senzig der Stadt Königs Wusterhausen führt dies unnötig zu erhöhter Lärmbelästigung.
Was können und werden Sie als Landtagsabgeordnete tun, damit die Flüge um unsere Stadt vorbei und nicht darüber hinweg geleitet werden, wenn Sie in den Landtag gewählt werden? Vor allem, wie können Sie sich dafür einsetzten, dass die Flugrouten nach Start des BBI nicht über unsere Köpfe hinweg führen?
Vielen Dank für Ihren Einsatz.
MfG
Marcus Lange
Sehr geehrter Herr Lange,
ich bitte um Verständnis dafür, dass Sie etwas länger auf die Beantwortung Ihrer Frage warten mussten. Ich wollte mich, bevor ich Ihnen antworte, noch mit den Experten in meiner Fraktion verständigen. Das hat leider etwas länger gedauert.
Ihre Fragen beziehen sich einerseits auf die Festlegung von Flugrouten für den An- und Abflug auf dem Flughafen Schönefeld und andererseits auf die Flugroutenbestimmung auf dem erst entstehenden BBI.
Für beide Fälle gelten einheitliche Verfahren und Genehmigungsinstanzen zur Festlegung der Routen. Dazu teilte die Landesregierung in Beantwortung einer Kleinen Anfrage (Drucksache 4/7626) dem Landtag mit. In ihr heißt es u.a.: „Die An- und Abflugverfahren einschließlich der Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte werden gem. § 27 a Abs. 2 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) durch Rechtsverordnung festgelegt. Für den bestehenden Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld hat das LBA entsprechende Rechtsverordnungen erlassen. Diese basieren auf den von der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) erarbeiteten Flugverfahren. Die Kommunen und die Landesregierung sind in die Erarbeitung der Flugverfahren nicht einbezogen. Neue oder wesentlich geänderte Flugverfahren werden vor der Festsetzung durch das LBA in der Regel von der DFS der Fluglärmkommission zur Stellungnahme vorgelegt.
Gemäß § 32b Luftverkehrsgesetz gehört es zu den Aufgaben der Fluglärmkommission, die Deutsche Flugsicherung über Maßnahmen zum Schutz gegen Fluglärm zu beraten. In der Kommission sind die betroffenen Kommunen und Behörden des Landes vertreten. Gemäß § 26 Abs. 2 LuftVO kann die zuständige Flugverkehrskontrollstelle bei der Bewegungslenkung der ihrer Kontrolle unterliegenden Flüge den Flugverlauf, insbesondere den Flugweg und die Flughöhe, durch entsprechende Freigaben im einzelnen festlegen. Dies steht im Ermessen der Kontrollstelle, die sich insbesondere an der Sicherheit und der flüssigen Abwicklung des Flugverkehrs zu orientieren, dabei aber auch den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm zu beachten hat. Der Luftfahrzeugführer hat die vorgeschriebenen Flugverfahren zu befolgen, es sei denn die zuständige Flugverkehrskontrollstelle der Deutschen Flugsicherung hat ihm z.B. per Sprechfunk eine anders lautende Flugverkehrskontrollfreigabe erteilt. Die Landesregierung, der Flughafen und die Fluggesellschaften haben keinen Einfluss auf diese Freigaben.“
Es ist also rechtlich zulässig, dass ein Flugzeug aufgrund der Erlaubnis der Luftverkehrskontrolle von den veröffentlichten An- und Abflugrouten abweicht und in einen Sichtflug übergeht. Ein solcher Sichtanflug kann dann erfolgen, wenn z.B. die Wetterbedingungen oder die Verkehrslage es erfordern. Bei einer erlaubten Höhenfreigabe von 1000 Fuß bzw. 300 Meter, die nicht unterschritten werden darf, sind viele Orte rund um Schönefeld am Tage und besonders in der Nacht stark durch Lärm und Feinstaub belastet. Fluggesellschaften bevorzugen diese Sichtanflüge, weil sie gegenüber einem Instrumentenanflug eine um ca. 4 - 5 Minuten kürzere Flugzeit haben, was Kerosin spart, aber leider auch auf Kosten der Gesundheit der Bewohner im Flughafenumfeld geht.
Neue befristete Anflugvorschriften, die seit ab Mai 2009 für Schönefeld gelten, sollen direkte Sichtanflüge, so genannte kurze Kurven, über dicht besiedeltem Gebiet vermeiden. Sie gelten aber nur für die Einflugschneise von Osten und sind insgesamt unzureichend. Nach Angaben der Landesregierung wird das Sichtanflugverfahren am Flughafen heute in 10 bis 15 % der Fälle ausgeübt. Es darf bezweifelt werden, dass dies immer durch die Wetterlage bedingt ist.
Die Fluglärmkommission stellt ein geeignetes Gremium dar, um mögliche Umwelt- bzw. Lärmbelastungen aufgrund veränderter Routen zu diskutieren und der zuständigen Stelle (Deutsche Flugsicherung) Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm und Umweltbelastungen vorzuschlagen. Dieser Kommission gehören – neben Vertretern von Landesbehörden - auch Vertreter der vom Fluglärm in der Umgebung des Flugplatzes betroffenen Gemeinden an. Aufgabe der Kommission ist es - gem. § 32b Luftverkehrsgesetz -, „der Genehmigungsbehörde sowie der für die Flugsicherung zuständigen Stelle über Maßnahmen zum Schutz vor Fluglärm und gegen Luftverunreinigungen durch Luftfahrzeuge“ vorschlagen.
Ihnen als betroffener Bürger kann ich nur raten, ihre Beschwerden, möglichst mit anderen gemeinsam, über die Vertreter ihrer Kommune in die Kommission einzubringen. Sie haben zudem auch die Beschwerdemöglichkeit beim Fluglärmbeauftragten des Landes Brandenburg für den Flughafen Berlin-Schönefeld, Herrn Lutz Wunder, Steinstraße 104-106, 15907 Potsdam.
Der Landtag Brandenburg war bisher an der Festlegung der An- und Abflugverfahren nicht beteiligt, die Landesregierung ist nach der geltenden Rechtsordnung dazu nicht verpflichtet. Die Abgeordneten wurden nur auf Anfrage informiert.
Sie können davon ausgehen, dass meine Fraktion sich auch in Zukunft der Lärm- und Umweltbelastungen am und um den Flughafen Schönefeld annehmen wird. Wir werden darauf drängen, dass das Parlament rechtzeitig über wesentliche Änderungen von Flugverfahren bzw. die Festlegung von Flugrouten für den neuen BBI informiert wird. Wir wollen dafür sorgen, dass die Vertreter des Landes in der Fluglärmkommission die Anliegen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm und Feinstaubbelastung umsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerlinde Stobrawa