Frage an Eva Högl von Peter D. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Högl,
im 2. Untersuchungsausschuss ("Terrorgruppe nationalsozialistischer Untergrund") des Bundestags untersuchen Sie zu Recht Fehlverhalten von Sicherheits- und Ermittlungsbehörden, sozusagen einen Teil der "Verwaltungsebene" unseres Gemeinwesens.
Ein mindestens ebenso gewichtiger Part bei der Verfestigung alltäglichen Rechtsextremismus - insbesondere auch seit dem "Mauerfall" - dürfte wohl in mangelndem politischen Gestaltungswillen zu suchen sein. Wie muss Ihrer Ansicht nach
- das politische Versagen aufgearbeitet werden,
- verstärkt mit den Bürgern Politik gegen Rechts etabliert und betrieben werden?
In Ihre Antwort mögen Sie bitte
- die Rolle der Herren Sarrazin und Buschkowsky und
- die Ergebnisse der Studie "Mitte im Umbruch", wonach SPD-Anhänger auf dem zweiten Platz hinsichtlich rechtsextremen Einstellungspotenzials (noch vor den üblichen "Verdächtigen) zu finden sind (vgl. S. 44 f der Studie)
einfließen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
P. Danzer
Sehr geehrter Herr Danzer,
vielen Dank für Ihre Frage vom 26. März 2013. Sehr gerne gebe ich Ihnen Auskunft.
Fest steht: bei den Morden des NSU an den zehn Opfern mit türkischem und griechischem Hintergrund und einer Polizistin wurde nicht ausreichend in Richtung Rechtsextremismus ermittelt. Im Gegenteil, häufig wurden den Opfern schnell eine Nähe zur Kriminalität unterstellt. Der Verfassungsschutz ist Hinweisen nicht nachgegangen und hat die Gefahr des rechtsextremen Terrors verharmlost. Eitelkeiten haben die erforderliche Zusammenarbeit der Behörden verhindert. Auch auf der politischen Ebene sind falsche Entscheidungen getroffen worden.
Nun steht die Politik in der Pflicht, die Fehler und Versäumnisse umfassend aufzuklären und aufzuarbeiten. Nur so können wir das verloren gegangene Vertrauen in unsere Demokratie und ihre Institutionen wieder herstellen. Eine zentrale Rolle dabei spielen die Untersuchungsausschüsse im Deutschen Bundestag und in den Landtagen. Der Bundestags-Untersuchungsausschuss wird im September Vorschläge für Reformen vorlegen, die dazu beitragen sollen, dass rechtsextremer Terror frühzeitig erkannt und verhindert wird. Wir müssen die Arbeit von Polizei, Verfassungsschutz und Justiz grundlegend verändern und Rechtsextremismus konsequent bekämpfen.
Die Zahlen in der FES-Studie derjenigen Personen, die über rechtsextreme Einstellungen verfügen, finde ich erschreckend. Insbesondere beunruhigt mich das insgesamt hohe parteiübergreifende rechtsextreme Einstellungspotenzial. Die Zahlen zeigen deutlich die Notwendigkeit, die ich beschrieben habe: die konsequente Bekämpfung von Rechtsextremismus auf allen Ebenen – staatlich und zivilgesellschaftlich. Aus diesem Grund wird die SPD in der nächsten Woche einen Antrag im Deutschen Bundestag für ein Verbot der rechtsxetremen NPD stellen.
Der Staat muss mehr als bisher rechtsextremen Ansätzen vorbeugen. Programme gegen Rechts brauchen eine solide und dauerhafte Finanzierung. Den Kommunen muss ein attraktives kulturelles und soziales Angebot ermöglicht werden. Nur so wird es möglich sein, dass dem Rechtsextremismus der Nährboden entzogen werden kann. Als Sozialdemokratin werde ich mich auch dafür einsetzen, dass wir unsere Gesellschaft sensibilisieren, stärken und uns gemeinsam gegen Rechtsextremismus engagieren. Kein Mensch darf verfolgt und ausgegrenzt werden – von niemandem. Wir wollen eine tolerante und weltoffene Gesellschaft in der Rechtsextremismus und Rassismus keinen Platz haben. Populistische Parolen helfen uns nicht weiter. Sie schüren vielmehr Ressentiments und stehen einem friedlichen Zusammenleben entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Eva Högl, MdB