Frage an Eckhard Pols von Marco S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Pols,
wie erklären Sie uns, dass Sie mit Ihrer Zustimmung zur Laufzeitverlängerung für AKWs dazu beigetragen, dass 5.000 Tonnen weit über eine Million Jahre lang strahlender Atommüll zusätzlich anfallen, also mehr als 500 Castorbehälter, und dabei ein sicheres Endlager für die strahlende Hinterlassenschaft nicht in Sicht ist? Ich mag es nicht glauben, welch katastrophale Politik Sie verantworten und welche Probleme und Gefahren Sie damit einfach auch künftigen Generationen überlassen wollen.
Wie erklären Sie den Menschen in unserer Stadt, dass durch Ihre Politik die Laufzeiten verlängert werden, obwohl der Betrieb von AKWs massive Sicherheitsrisiken birgt und dies erwiesenermaßen den Ausbau der Erneuerbaren Energien hemmt?
Zudem scheinen Sie selbst den nach §7 AtG bestehenden atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörden unter derzeitiger Leitung CDU/CSU- und FDP-geführter Ministerien nicht mehr über den Weg zu trauen. Oder warum fordern Sie jetzt im Lüneburger Stadtrat (!) die Einführung eines neuen „Atom-TÜVs“? Und war Ihrer CDU-Bundestagsfraktion diese Lüneburger Forderung nach einem „Atom-TÜV“ zu scheinheilig oder warum taucht sie in den Gesetzentwürfen Ihrer Partei zur Änderung des AtG (Drucksachen 17/3051 und 17/3052) überhaupt gar nicht auf?
Sie wissen genau, dass Sie mit Ihrer völlig überflüssigen AKW-Laufzeitverlängerung von durchschnittlich zwölf Jahren über die eigentliche Dimension dieser Entscheidung hinweg täuschen, da die Energieversorger Strommengen und Stillstandszeiten von einem auf andere Atomkraftwerke übertragen dürfen und Ihr Atomdeal dafür sorgt, dass in Deutschland auch im Jahre 2050 noch Atomkraftwerke am Netz sein werden. Aber dennoch sollen nach Ihren Vorstellungen Nachrüstungen für die Sicherheit sogar noch eingeschränkt werden. Herr Pols, hoffentlich wenden sich in diesen Tagen noch viele Menschen aus Ihrem Wahlkreis mit ähnlichen Fragen an Sie.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Sievers
Sehr geehrter Herr Sievers,
ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie sich nicht als Pressesprecher der SPD Lüneburg und als Mitarbeiter der Landtagsabgeordneten Andrea Schröder-Ehlers in Ihrem Brief kenntlich machen.
Zu Ihrer Argumentation: Zunächst einmal ist von 4500 t hochradioaktivem Abfall auszugehen, der durch die Laufzeitverlängerung zusätzlich anfällt. Das bedeutet eine Steigerung von 17.000 t auf 21.500 t. Dies stellt jedoch für die Endlagerkonzeption kein Problem dar. Zumal bei Beginn der Endlagersuche von weitaus größeren Müllmengen ausgegangen wurde. Die SPD-Regierung in den Siebzigern wollte insgesamt fünfzig Kernkraftwerke in Deutschland bauen. Entscheidend ist jedoch nicht die Abfallmenge in Volumen, sondern die Strahlungsintensität.
Deshalb brauchen wir ein Endlager, unabhängig ob die Laufzeiten für Kernkraftwerke verlängert werden oder nicht. Die Weitererkundung in Gorleben wird zeigen, ob der Salzstock als Endlager für die stark wärmeentwickelnden Abfälle geeignet ist oder nicht. Es ist schon ein Akt der Heuchelei, wenn Sie mir vorwerfen, ich würde Probleme und Gefahren den nachfolgenden Generationen überlassen, während Ihre Partei mit Sigmar Gabriel als Umweltminister das Problem Endlagerung hochradioaktiver Stoffe zehn Jahre lang auf die lange Bank geschoben hat. Im Übrigen hätte Herr Gabriel während seiner Amtszeit die Möglichkeit gehabt, das Projekt Gorleben zu begraben. Hat er aber nicht.
Die Forderung nach einer weiteren unabhängigen Instanz zur sicherheitstechnischen Überwachung der Atomkraftwerke kann auch außerhalb der Atomgesetznovelle realisiert werden. Wenn Sie etwas von der Materie verstünden wüssten Sie dieses. Im Übrigen hat dies nichts mit Misstrauen zu tun, sondern um die Verbesserung der Arbeit internationaler Aufsichtsbehörden wie der UN-Atombehörde IAEA. Damit wollen wir die Transparenz noch weiter verbessern.
Ich stehe zum Umbau auf Erneuerbare Energien, ich stehe zum Energiekonzept der Bundesregierung. Die Bundesregierung will den Anteil aus erneuerbaren Energien in der Stromversorgung bis zum Jahr 2050 auf 80 % bringen. Damit liegt die Bundesregierung dicht bei den Zielsetzungen von Greenpeace. Dies geht allerdings nicht ohne den Einsatz von Brückentechnologien. Wir streuen uns selber Sand in die Augen, wenn wir glauben, dass wir die Kernkraftwerke von heute auf morgen abschalten können. Zudem leben wir in Europa in einem liberalisierten Strommarkt, auf dem sich der sparsame Verbraucher auch jederzeit für den französischen Atomstrom entscheiden kann.
Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass die Mehrerlöse, die aus der durchschnittlichen Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke um 12 Jahre entstehen, zu einem erheblichen Teil in die Förderung und den Ausbau der erneuerbaren Energien fließen. Darüber hinaus soll der Bundeshaushalt durch die befristete Erhebung einer Kernbrennstoffsteuer entlastet und die Asse saniert werden. Die aus der Laufzeitverlängerung resultierenden Gewinne werden damit zu einem erheblichen Teil abgeschöpft.
Die Verlängerung der Kernkraftwerk-Laufzeiten ist also nur ein Baustein des Energiekonzeptes, eben die Brücke, zum vollständigen Einsatz der erneuerbaren Energien. Schalten wir die Kernkraftwerke vorzeitig ab, wird man neue Kohlekraftwerke bauen müssen.
Unter der christdemokratischen Regierung von Angela Merkel hat es eine Förderung von Photovoltaik und Solaranlagen in nie gekanntem Ausmaß gegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhard Pols