Frage an Dorothee Bär von Helge D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Bär,
die CSU hat im Wahlprogramm 2008 der Gentechnik auf bayerischen Böden den Kampf angesagt.
Hat sich Ihre Meinung zur Gentechnik gemeinsam mit Herrn Seehofer inzwischen dem Wahlprogramm angepasst?
Freundliche Grüße
H.Düll
Sehr geehrter Herr Düll,
herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema Gentechnik in Bayern. Ich möchte Ihnen dazu Folgendes mitteilen:
Seit Jahren werden in die EU Ölsaaten und eiweißhaltige Futtermittel eingeführt, weil der Selbstversorgungsgrad der EU bei diesen Produkten bei nur etwa 35 Prozent liegt. 2006 erreichten diese Importe ca. 40 Mio. Tonnen, zum einen Sojaschrot mit 22 Mio. Tonnen, zum anderen 15 Mio. Tonnen Sojabohnen sowie 2,6 Mio. Tonnen Maiskleberfutter. Ein Großteil dieser Futtermittel – vor allem Sojaschrot und Maiskleberfutter – stammen von gentechnisch veränderten Pflanzen. 2006 lag der Anteil gentechnisch veränderter Sojabohnen an der ge-samten Anbaufläche in den USA bei fast 90 Prozent, in Argentinien nahe zu 100 Prozent und in Brasilien rund 60 Prozent. So kommen natürlich auch gentechnisch veränderte Futtermittel nach Deutschland, die Soja-Einfuhr beläuft sich auf rund 4 Mio. Tonnen jährlich.
Die derzeitige Kennzeichnungsregelung dient nicht der Aufklärung des Verbrauchers, son-dern führt ihn in die Irre. Nachdem alles, was durch den Tiermagen gegangen ist, nicht ge-kennzeichnet werden braucht, ebenso wenig wie gentechnisch veränderten Enzyme, meint ein Großteil der Bevölkerung, dass er mit Gentechnik noch nicht in Berührung gekommen ist. Experten der Lebensmittelbranche dagegen stellen fest, dass bei konsequenter Kennzeich-nung über 80 Prozent unserer Lebensmittel als gentechnisch verändert auszuzeichnen wä-ren.
Weithin ist unbekannt, dass auch bei uns Lebensmittel gentechnisch verändert (gv) sind.
Schon jetzt werden gentechnisch modifiziertes Soja-Lecithin für die Weiterverarbeitung von Schokolade, Emulgatoren und Vitamin E aus gv-Soja und Speiseöl aus genetisch veränder-tem Mais oder Raps hergestellt. Weitere Möglichkeiten finden sich bei der Herstellung von Futtermitteln, Backwaren umweltschonender Waschmittel. Zur Herstellung von Käse braucht man das im Magen säugender Kälber entstehende Lab bzw. das darin enthaltende Chymsin. Es wäre illusorisch, wollte man die benötigte Menge an Chymosin heute auf diese Art und Weise gewinnen, deshalb wird es weltweit gentechnisch erzeugt.
Mit der Novellierung des Gentechnikgesetzes wird auf Betreiben des Koalitionspartners die Möglichkeit geschaffen, ein Lebensmittel mit der Angabe „ohne Gentechnik“ zu bezeichnen. Während die vom damaligen Bundesgesundheitsminister Seehofer 1998 eingeführte Kenn-zeichnung „ohne Gentechnik“ so gefasst war, dass das Lebensmittel absolut gentechnikfrei hergestellt werden musste, gibt es für die jetzt geschaffene Kennzeichnung „ohne Gentech-nik“ folgende Schlupflöcher: Bei Lebensmitteln dürfen entsprechend der EU-Ökoverordnung nur gentechnisch verändert Zusatzstoffe enthalten sein, wenn gentechnikfreie Zusatzstoffe am Markt nicht verfügbar sind. Bei Futtermitteln können ohne diese Beschränkungen gen-technisch veränderte Zusatzstoffe eingesetzt werden.
Außerdem gibt es die Regelung, dass Tiere, deren Fleisch als Lebensmittel in den Handel gebracht wird, einen Teil ihrer Lebenszeit mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüt-tert werden durften. Trotzdem darf das Fleisch dann als „gentechnikfrei“ bezeichnet werden.
Ich hoffe, meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Sollten Sie darüber hinaus Fragen ha-ben, wenden Sie sich jederzeit gerne an mich.
Mit freundlichen Grüßen nach Volkach,
Ihre Dorothee Bär