Frage an Dorothee Bär von Guntram S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Bär,
In der Sendung "Aktenzeichen XY" vom 5.6.13 hat eine eingeladene Frau erwähnt, dass Kindesentzug in Trennungssituationen MEISTENS durch MÜTTER erfolgt.
1. Weshalb fließen solche Erkenntnisse in die sachliche Aufarbeitung und Rechtsprechung bei Umgangsprozessen nur sehr zögerlich ein?
2. Weshalb werden "alleinerziehende Mütter" in der Politik nach wie vor als das Paradebeispiel von Opfern genannt?
3. Weshalb geschieht nur zögerlich etwas, um die offensichtlichen wirtschaftlichen Nachteile, die berufstätige Familienväter mit mittleren Einkommen gegenüber ALLEN anderen Gesellschaftsgruppen haben, auszugleichen, bzw. den Familienlastenausgleich so zu gestalten, dass Eltern zumindest in materieller Hinsicht KEINE Nachteile durch ihre Entscheidung für Kinder und die Betreuung zu Hause haben?
4. Weshalb kann man die verschiedenen Familienleistungen nicht sinnvoll zu einer Grundförderung zusammenfassen, die Eltern die existenziellen Ängste bei der Erwartung eines Kindes nimmt, und die man nicht aufwändig "beantragen" muss, wofür dann wieder eine teure Verwaltung extra vorgehalten werden muss? (Vorscläge der FDP?!)
5. Die GRÜNEN haben sich für eine existenzsichernde Grundförderung jedes Kindes entschieden, lehnen aber eine Förderung der "Betreuung zu Hause" ab, was m.E. halbherzig ist. Die CDU kann sich nicht für ein Kindergrundeinkommen durchringen und versucht eine materielle Unterstützung des betreuenden Elternteils mit "Salamitaktik" einzuführen, was ebenso halbherzig ist.
Weshalb ist es so "politisch unkorrekt", das zu tun, was die Mehrheit der Bevölkerung, auch und gerade unter den Frauen, meiner Ansicht nach gut finden würde, nämlich die MATERIELLE Grundversorgung der Familien als STAATSAUFGABE, die Erziehung der (Klein-)Kinder überwiegend als PRIVATSACHE zu sehen?
5. Gönnt Deutschland Familien, insbesondere FamilienVÄTERN keine Lebensfreude?
Mit freundlichen Grüßen,
Guntram Seiss
Sehr geehrter Herr Seiss,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Sie beklagen, dass alleinerziehende Mütter oft als „Opfer“ betrachtet werden, während unterhaltspflichtige Familienväter mit mittlerem Einkommen Ihrer Meinung nach nicht im Focus der Aufmerksamkeit der Politik stehen.
Ihre Schilderung der Situation teile ich nicht. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Alleinerziehen hauptsächlich weiblich ist. Heute sind 9 von 10 Alleinerziehenden Frauen. 81 Prozent aller Alleinerziehenden geben an, Anspruch auf Unterhalt zu haben. Regelmäßig und in voller Höhe erhält ihn jedoch nur 50 Prozent der Berechtigten. 25 Prozent der Anspruchsberechtigten erhält nur unregelmäßige oder unvollständige Zahlungen, weitere 25 Prozent geben an, gar nichts zu bekommen. Von den alleinerziehenden Frauen, die trotz Anspruch gar keinen Unterhalt erhalten, geben 50 Prozent an, dass der Vater dazu finanziell nicht in der Lage ist. Bei den übrigen Fällen weigern sich die Väter zu zahlen. Daher hat im Jahr 2010 das Jugendamt für rund 500.000 Kinder bundesweit Unterhaltsvorschuss gezahlt.
Doch obwohl Alleinerziehende den Alltag mit ihren Kindern alleine meistern müssen und sie bei Haushaltsführung, Kindererziehung und Sicherung des finanziellen Einkommens viel stärker gefordert sind als Elternpaare, sehen viele von ihnen ihre Lebenssituation positiv. Sie selbst sehen sich nicht als Opfer und wir als Familienpolitikerinnen und Familienpolitiker sehen sie auch nicht als Opfer. Alleinerziehende wollen kein Mitleid, sondern benötigen einfach nur zusätzliche Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltages.
CDU und CSU unterstützen Alleinerziehende mit einem umfangreichen Mix aus finanzieller Förderung und der Bereitstellung von Infrastruktur. Eine Kindergrundsicherung, wie Sie sie fordern, lehnen wir ab, denn sie verringert die Erwerbsanreize für Eltern und ist daher nach unserer festen Überzeugung gerade nicht förderlich für eine gute Entwicklung der Kinder. Mit unserm Maßnahmenmix können wir gezielt helfen und machen keine Politik mit der Geld-Gießkanne. Und daher werden wir unseren Weg weitergehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Dorothee Bär