Frage an Dorothee Bär von Robert G. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Bär,
wie Sie sicherlich gehört haben, finden in den USA Gerichtsprozesse gegen Filesharing-Nutzer statt in denen diese zu astronomischen Strafsummen verurteilt werden. Auch in Deutschland sieht das Urheberrecht vor, dass der unentgeltliche Tausch heruntergeladener Musikstücke strafbar ist.
Nun bin ich selbst ein versierter Nutzer des Internets und benutze tägliche einschlägige Seiten wie Youtube, auf denen es problemlos möglich ist, geschützte Musik kostenlos anzuhören ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Es ist außerdem möglich, diese Videos auf dem eigenen Rechner zu speichern und die Musikstücke herauszufiltern, so dass man das gleiche Ergebnis bekommt wie über das Filesharing. Diese Methode kommt außerdem dem mitschneiden eines Musikstückes aus dem Radio oder Fernsehen gleich, was ebenfalls nicht illegal ist.
Moralisch existiert für mich kein Unterschied zwischen diesen Methoden mir Musik zu beschaffen, höchstens in der Bequemlichkeit. Warum sieht aber das Gesetz hier einen Unterschied, obwohl der Schaden beim Rechteinhaber der gleiche ist? Das Ergebnis der derzeitigen Rechtsprechung ist eine Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen, die mit den neuen Medien umgehen können, währenddessen „altbewährte“ Methoden gesellschaftlich anerkannt und legal sind. Schon mit der Einführung der Audiokassette ist die selbe Problematik entstanden, rechtlich wurden aber nie Schritte gegen die Bürger unternommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Robert Gottschall
Sehr geehrter Herr Gottschall,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Gerne nehme ich dazu Stellung.
Das Internet birgt viele Chancen, darf aber kein rechtsfreier Raum sein.
Zwar gibt es solch überhöhte Geldstrafen wie in den USA in Deutschland glücklicherweise nicht, aber der unentgeltliche Tausch heruntergeladener Musikstücke unter Menschen, die in keinem persönlichen Verhältnis zueinander stehen, ist auch in Deutschland illegal und strafbar. Allerdings wird dies bei Privatnutzern in der Regel selten zur Anzeige gebracht und die meisten dieser seltenen Verfahren werden eingestellt. Eine „Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen“ steht also nicht zu befürchten, zumal inzwischen die Möglichkeit verbessert wurde Ansprüche rein auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen.
Maßstab für die Strafbarkeit im deutschen Urheberrecht ist, ob der Urheber in seinen Rechten verletzt wird. Die meisten Urheber können ihre Rechte nicht alleine wahrnehmen, weswegen sie diese an Verwertungsgesellschaften, wie z.B. die GEMA abtreten. Diese schloss mit Youtube eine Pauschalvereinbarung über die Zahlung von Lizenzgebühren. Im Ergebnis bekommt also jeder Urheber für das Abspielen seiner Musik bei Youtube ein Entgelt. Nur unter diesen Voraussetzungen sind die Downloads bzw. ist das Abspielen von Videos bei Youtube rechtens.
Auch beim Mitschneiden von Musik im Radio werden die Rechte des Urhebers gewahrt. Denn beim Kauf von Speichermedien, die zum Kopieren von Musik geeignet sind – also z.B. Musikkassetten oder auch CDs und USB-Sticks – wird eine Pauschalabgabe an die GEMA weitergeleitet, die anteilig an die Urheber ausgeschüttet wird. Sie bezahlen also auch für das Mitschneiden von Musik im Radio einen Minimalbetrag an die Urheber.
Für den Rechteinhaber besteht letztendlich ein entscheidender Unterschied darin, ob Sie sich ihre Musikdateien bei Youtube herunterladen bzw. im Radio mitschneiden oder ob Sie Ihre Musikdateien im Internet tauschen. Bei Tauschbörsen werden die Rechteinhaber gänzlich rechtlos gestellt und erhalten keinerlei Entschädigung.
Auch wenn es hier vielleicht um Minimalstbeträge geht – Tauschbörsen im Internet sind Betrug am Urheber und mittelbar auch an der Allgemeinheit. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Darstellung weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Dorothee Bär