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Frage von Reinhard G. •

Frage an Dagmar Freitag von Reinhard G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Freitag,

Bereits 2011 hat die UN einen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte erstellt.
( http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/690490/publicationFile/198942/UN-Leitprinzipien-DE.pdf )

Zur Zeit wird (auf der Grundlage dieses Aktionsplanes) über einen Nationalen Aktionsplan (NAP) verhandelt. Leider werden dabei die Vorgaben der UN durch den Einfluss einer Wirtschaftslobby immer weiter verwässert.( http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-lobbyismus-auf-regierungsebene-profit-statt-menschenrechte-100.html )

Auf Wunsch dieser Lobby soll die wichtigste aller Fragen, die Frage der Menschenrechte, nicht mit Gesetzen geregelt werden. Es soll den Unternehmen überlassen werden, ob sie freiwillig die Menschenrechte achten – oder auch nicht.

Wie ist der aktuelle Stand beim NAP? Wie stehen Sie zu den jetzigen Entwürfen?

Weshalb wird nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Unternehmen im Ausland wie im Inland die UN-Menschenrechtscarta ( http://www.un.org/Depts/german/menschenrechte/aemr.pdf ) einhalten müssen?

Weshalb werden nicht in allen internationalen Handelsverträgen die Unternehmen völkerrechtlich verbindlich auf die Einhaltung der Menschenrechte nach der UN-Carta verpflichtet?

Zitat Leitprinzipien, S.12: "Staaten sollten sich ausreichenden innerstaatlichen Politikspielraum zur Erfüllung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen erhalten, ...wie etwa durch Investitionsabkommen oder Investitionsverträge.“

In dem Text von CETA kommt z. B. das Wort Menschenrechte nur in der Präambel vor. Die Rechte der Unternehmen werden dagegen genau beschrieben. Welche Möglichkeit hätte jemand, der seine Menschenrechte zum Beispiel durch ein kanadisches Unternehmen verletzt sieht? An welche Gerichte könnte er sich wenden? Welchen wirksamen “Zugang zur Abhilfe” (vergl. 3. Kapitel der UN-Leitlinien) hätte er?

Wie sieht es zum Beispiel bei einem Afrikaner aus, dessen Staat ein Handelsabkommen (z.B. EPA) mit der EU abgeschlossen hat?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Großmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie stellen darin eine ganze Reihe von Fragen; für deren Beantwortung bitte ich Sie um etwas Geduld.

Ich werde mich voraussichtlich Anfang Oktober wieder bei Ihnen melden.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Freitag

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Sehr geehrter Herr Großmann,

die Achtung der Menschenrechte, sowohl innerstaatlich als auch weltweit, ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung. Deutschland ist Vertragsstaat aller bedeutenden Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und ihrer Zusatzprotokolle und bemüht sich, in den internationalen Beziehungen tragfähige Voraussetzungen für den Schutz der Menschenrechte zu schaffen.

Es ist richtig, dass im Jahr 2011 UN-Leitprinzipien erlassen wurden, die als globaler Standard zur Verhütung und Behebung von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Wirtschaftstätigkeit dienen sollen. In Deutschland wurde die Umsetzung der UN-Leitprinzipien im Koalitionsvertrag festgeschrieben und seit 2014 wird der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) entwickelt. Die vorliegende Fassung des NAP vom Mai 2016 ist ein ambitionierter Entwurf, der sich momentan in der Ressortabstimmung befindet. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt diesen Entwurf und hat sich bei der Bundeskanzlerin mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass er in dieser Form und ohne Abstriche verabschiedet werden kann.

Menschenrechtspolitik ist eine Querschnittsaufgabe der deutschen Politik, die alle Bereiche betrifft, auch Wirtschaft und Handel. Die SPD setzt sich weltweit für eine faire und nachhaltige Handelspolitik ein. Das Verfolgen wirtschaftlicher Interessen muss mit dem Schutz der Menschenrechte in Einklang stehen. Denn langfristig hat auch die Wirtschaft ein Interesse an der Durchsetzung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, da nur so dauerhaft stabile politische Verhältnisse und damit gute Bedingungen für Handel und Investitionen erreicht werden können. Die Bundesregierung unterstützt u.a. die weltweite Stärkung von Arbeitnehmerrechten. Im Dialog mit der Wirtschaft ermutigt sie international tätige Unternehmen unter dem Stichwort „Corporate Social Responsibility“ menschenrechtliche Selbstverpflichtungen einzugehen ( http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Menschenrechte/GrundsaetzeMRpolitik_node.html ).

Die Economic Partnership Agreements (EPA) sind Handels- und Entwicklungsabkommen zwischen der EU und den sog. AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik). Sie fallen in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kommission. Diese verfolgt den Ansatz, durch die Zusammenarbeit zwischen der EU und den AKP-Staaten auch die Menschenrechtslage zu verbessern und zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen ( http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/development/economic-partnerships/ ). Beim Thema der EPA ist es unsere Position, dass diese dem Bundestag zeitnah vorgelegt werden und durch diesen überprüft werden müssen. Gerade im Bereich der Menschenrechte und sozialen Mindeststandards, wie beispielsweise bei den ILO-Kernarbeitsnormen, setzen wir uns für wirksame Sanktionsmechanismen ein.

Deutschland bzw. Europa können jedoch nicht mittels Handelsverträgen die Einhaltung der Menschenrechte in Drittstaaten erzwingen. Handelspolitik kann nicht als erstes oder gar einziges Instrument der internationalen Durchsetzung von Menschenrechten betrachtet werden.

Kanada ist darüber hinaus eines unserer engsten Partnerländer. Deutschland und Kanada teilen gemeinsame Werte und Grundüberzeugungen und arbeiten im Bereich der Menschenrechte auf internationaler Ebene zusammen. Hieran ändert sich durch CETA nichts. CETA ist ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen, daher werden diese Themenfelder in dem Abkommen ausführlich behandelt.

Da Ihre Fragen sehr weit gefasst sind und teilweise wissenschaftliche bzw. juristische Problematiken berühren, möchte ich an dieser Stelle auf das Deutsche Institut für Menschenrechte verweisen. Das Institut ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands und führt u.a. anwendungsbezogene Forschung zu Menschenrechtsthemen durch: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/startseite/.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Freitag