Claudia Lörsch
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Claudia Lörsch zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Dennis M. •

Frage an Claudia Lörsch von Dennis M. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Lörsch,

Sie haben die Problemfelder der heimlichen Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung beschrieben und der Online-Durchsuchung attestiert, dass sie die persönlichen Rechte des Einzelnen bewahre.

Meine Frage war allerdings, wie Sie persönlich als die Kandidatin für unseren Wahlkreis dazu stehen.

Darf ich aus Ihrer Antwort schlussfolgern, dass Sie sich trotz des Bundesverfassungsgerichtsurteils, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat, weiterhin für eine Vorratsdatenspeicherung einsetzen würden, sollten sie gewählt werden?

Sie schreiben außerdem, die Strafverfolgungsbehörden seien "für eine effektive Arbeit auf diese Daten angewiesen, da sie zur Aufklärung von Straftaten und zur Verhütung von Gefahren beitragen". Auf welches Zahlenmaterial berufen Sie sich hierbei?

Ist Ihnen bekannt, dass eine Untersuchung der Zahlen des Bundeskriminalamtes ergeben hat, dass nur in 0,01% der Fälle eine Vorratsdatenspeicherung hilfreich gewesen wäre?

Zur heimlichen Online-Durchsuchung würde mich interessieren, ob Sie auch für die heimliche Durchsuchung von Arbeits- oder Wohnräumen ohne Zeugen eintreten oder wieso Sie einen Unterschied zu einer Online-Durchsuchung machen.

Zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag würde mich weiter interessieren, wieso Sie von einer "freiwilligen Kennzeichnung" sprechen, wenn doch die Alternativen nur Sendezeitbeschränkungen oder Altersverifikationssysteme darstellen. Soll damit etwa ein vollständig gekennzeichnetes Internet entstehen? Finden Sie nicht, dass so etwas einem demokratischen Staat mit Zensur-Verbot nicht steht?

In wieweit werden Sie sich in der neuen Legislaturperiode für eine Evaluation dieser Grundrechtseingriffe Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung und Netzkennzeichnung einsetzen?

Herzliche Grüße

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mayer,

ich stehe für einen sehr verantwortungsbewussten Umgang mit den Daten unserer Bürgerinnen und Bürger. Der Staat darf solche schweren Eingriffe wie die Online-Durchsuchung oder die Vorratsdatenspeicherung nur bei wirklich schwerwiegenden Gefahren oder Verbrechen einsetzen und wenn es echte Verdachtsmomente gibt.

Das Bundesverfassungsgericht hat, wie Sie sicher wissen, weder die Online-Durchsuchung noch die Vorratsdatenspeicherung als unvereinbar mit der Verfassung erklärt. Nur die konkrete Ausgestaltung war verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht erkennt ausdrücklich an, dass es bei schwersten Straftaten ein Bedürfnis für solche Instrumente gibt. Die zugreifenden Behörden müssen konkrete Tatsachen für den Verdacht des Vorliegens einer schweren Straftat vorbringen, z.B. für terroristische Anschläge, Gefährdung von Menschenleben oder ähnliches. Es müssen strenge Vorgaben geschaffen werden, die die Sicherheit der Daten gewährleisten, so dass unbefugte Zugriffe nicht möglich sind. Die Daten dürfen nicht in die falschen Hände gelangen. Da die Telekommunikationsunternehmen durch die Umstellung auf Flatrates kaum mehr Daten zu Abrechungszwecken vorhalten, gehen die Anfragen von Polizeibehörden mittlerweile meistens ins Leere. Es kann nicht mehr ermittelt werden, wer sich wie im Internet bewegt hat und auf Systeme Zugriff genommen hat.

Ich denke, dass zum Schutz der Bevölkerung die Polizei die verfassungsrechtlich zulässigen und gebotenen Mittel bekommen muss, um ihre Aufgaben adäquat wahrnehmen zu können.

Das Polizei- und Ordnungsbehördengesetzt schreibt eine Evaluierung der Eingriffsbefugnisse, u.a. der Online-Durchsuchung, bereits vor. Ich werde diese Diskussion sehr eng verfolgen und auf die Einhaltung der Bürgerrechte achten.

Bezüglich ihrer Anmerkung zum Jugendmedien Staatsvertrag, möchte an dieser Stelle noch einmal drauf verweisen, dass bereits seit 2003 für die Anbieter, die entwicklungsbeeinträchtigende Angebote zur Verfügung stellen, die Möglichkeit besteht, ihrer Verpflichtung nach dem JMStV nachzukommen, indem sie entwicklungsbeeinträchtigende Angebote erst ab einer bestimmten Uhrzeit im Netz zur Verfügung stellen bzw. mittels Altersverifikitationssystemen nur für Erwachsene zulassen. Die Sendezeitenregelung wäre durch die Novellierung unangetastet geblieben und ist eine Regelung, die - wie gesagt - seit 2003 besteht. Mit der Novellierung hätten die Anbieter eine weitere Möglichkeit erhalten, ihren jugendschutzrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Diese Möglichkeit wurde den Anbietern mit dem Scheitern des JMStV genommen und es besteht nun weiterhin die Regelung aus dem Jahr 2003. Wer keine entwicklungsbeeinträchtigen Angebote zur Verfügung stellt - und das gilt für die allermeisten Blogs - ist von den Regelungen ohnehin nicht betroffen.

Mit freundlichen Grüßen
Claudia Lörsch