Frage an Christa Stewens von Wolfgang B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte/r Kandidat/in,
Sie wollen in den kommenden fünf Jahren die Bürger des Stimmkreises Ebersberg im Bayerischen Landtag vertreten.
Sind Sie dafür, den Landkreis agro-gentechnik-frei zu bekommen? Wenn ja, was wollen Sie dafür tun? Wenn nein, warum?
Glauben Sie dem Kultusminister, in Poing sei nicht genug Bedarf nach einer Realschule? Sind Sie dafür, an einem der Gymnasien in EBE einen humanistischen und einen musischen Zweig einzurichten? Wenn ja, was wollen Sie dafür tun?
Was halten Sie vom Abfalltourismus aus dem Ausland auf die Schafweide im Ebersberger Forst? Steinhöring darf wegen der Verseuchung des Grundwassers mit Stoffen aus der Schafweide kein eigenes Trinkwasser fördern und ist auf eine Nachbargemeinde angewiesen. Wie stellen Sie sich den Trinkwasserschutz für Steinhöring vor? Sind Sie mit den Vereinbarungen über eine Sanierung des Kirchseeoner Schwellenwerks zufrieden? Wenn nicht, was wollen Sie tun?
Sind Sie dafür, die Bahnverbindung von München nach Wasserburg-Stadt („Filzenexpreß“) durchgehend auszubauen? Ist es richtig, Geld, das für den Transrapid vorgesehen war und also freigeworden ist, dafür einzusetzen? Nach seriösen Berechnungen sind für die Strecke von Reitmehring in die Wasserburger Altstadt drei Millionen (nicht Milliarden) Euro nötig.
Früher hat der Landrat von EBE Bürgern Auskünfte etwa über das Kreiskrankenhaus verweigert. Wenn er überhaupt eine Begründung angegeben hat (also oft nicht), hat er sich auf die Gesetzeslage berufen. Sind Sie dafür, mit einem Bayerischen Informationsfreiheitsgesetz solcher Willkür den Riegel vorzuschieben?
Wollen Sie die Regeln für Bezirke, Kreise und Gemeinden so ändern, daß Geheimsitzungen außer bei Personalentscheidungen klar verboten sind? Sind Sie dafür, Kommunalunternehmen wie Kreiskrankenhäuser zwingend der Kontrolle des Kommunalparlaments zu unterstellen und die geheim tagenden „Aufsichtsräte“ aufzulösen?
Wie wollen Sie die direkte Demokratie in Bayern stärken?
Mit vorzüglicher Hochachtung
Wolfgang Beer
Sehr geehrter Herr Beer,
bezüglich Ihrer Fragen möchte ich Ihnen gerne folgendes mitteilen:
Beim Umgang mit Grüner Gentechnik muss die Sicherheit von Mensch und Umwelt oberste Priorität haben. Mir ist bekannt, dass die Mehrheit der Bevölkerung und der Landwirte die Grüne Gentechnik ablehnen. Allerdings ist aus meiner Sicht eine unabhängige und transparente staatliche Sicherheits- und Grundlagenforschung notwendig, um unter den Bedingungen der klein strukturierten bayerischen Landwirtschaft aussagekräftige Ergebnisse über die Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt zu bekommen. Die Landessortenversuche haben wir mit Beschluss vom April 2008 eingestellt.
Nach gegenwärtiger Rechtslage dürfen weder der Bund noch der Freistaat Bayern den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, die den Anforderungen der EU-Freisetzungsrichtlinie entsprechen, verbieten. Wir raten aber den Landwirten ab, entsprechendes Saatgut für den kommerziellen Anbau auszubringen.
Aktuell hat das Bayerische Kabinett daher beschlossen, auf europäischer Ebene einen Entschließungsantrag einzubringen, mit dem erreicht werden soll, dass die Länder in Deutschland und die Regionen in anderen europäischen Mitgliedsstaaten über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen für den gewerblichen Anbau oder die Forschung selbst entscheiden können.
Erst kürzlich hat sich die Bayerische Staatsregierung auf Beschluss des Bayerischen Landtags an die Bundesregierung mit der Bitte gewandt, alle relevanten Daten zum transgenen Mais MON 810 noch einmal zu bewerten, ggf. das kommerzielle Inverkehrbringen zu untersagen und die Länder vom Ergebnis zu unterrichten. Ferner soll die Bundesregierung darauf hinwirken, dass auf EU-Ebene keine weiteren Genehmigungen für das Inverkehrbringen erteilt werden, solange das Zulassungsverfahren nicht transparenter gestaltet und auf eine klare wissenschaftliche Basis gestellt wird.
Da EU-weit geltende Anbaugenehmigungen vorliegen, wurde transgener Mais jedoch auch in diesem Jahr in Bayern - wenn auch in sehr geringem Umfang - angebaut. Für 2008 wurde in Deutschland für rund 4.000 ha der Anbau von Bt-Mais angemeldet, davon etwa 10 ha, d. h. ungefähr 0,3 % in Bayern. Der Anteil am gesamten Maisanbau in Bayern liegt allerdings unter 0,003 %.
Unser Kultusminister Siegfried Schneider hat sich in keiner Weise gegen die Errichtung einer Realschule in Poing ausgesprochen. Die Schülerzahlen werden laufend beobachtet und überprüft. Sobald die Entwicklung steigende Schülerzahlen aufzeigt, die für eine neue Realschule ausreicht, steht die Verwirklichung auf der Tagesordnung. Gegenwärtig hätte jedoch eine Realschule in Poing einen deutlichen Schülerschwund an der Staatlichen Realschule Markt Schwaben zur Folge, wodurch die Dreizügigkeit dieser Schule in Frage gestellt würde.
Zur Verkehrsanbindung der Stadt Wasserburg in Richtung München wird derzeit ein Konzept geprüft, das den Ausbau des Kreuzungsbahnhofs Steinhöring als zentrales Element aufweist und aufwärtskompatibel zum Bau der 2. Stammstrecke ist.
Aktuell erstellt die SüdostBayernBahn (eine Tochter der Deutschen Bahn) einen Grobcheck zur Überprüfung der infrastrukturellen Machbarkeit und zur Unterlegung der Kostenschätzung. Im Anschluss wird die BEG in Abstimmung mit der SüdostBayernBahn eine verkehrliche Aufgabenstellung für die Strecke München - Wasserburg erarbeiten.
Sodann wird zu klären sein, ob eine Finanzierungsmöglichkeit besteht. Zuständig hierfür ist ausschließlich der Bund. Der Freistaat hat sich bereits gegenüber der Bahn dafür eingesetzt, die Maßnahme aus Bundesmitteln für Nahverkehrsprojekte zu finanzieren. Die Entscheidungsgrundlagen sollen im Laufe dieses Jahres geschaffen werden.
Gegenüber einem Informationsfreiheitsgesetz steht die CSU-Landtagsfraktion kritisch gegenüber. Die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes im Freistaat Bayern wurde von uns in der Plenarsitzung des Bayerischen Landtags am 18. Oktober 2006 abgelehnt.
Für mich ist entscheidend, dass bereits nach jetziger Rechtslage ein Informationsrecht der Bürger besteht, soweit sie im Einzelfall ein berechtigtes Auskunftsinteresse haben und überwiegende schutzwürdige Belange nicht entgegenstehen. Dieses Auskunftsrecht ist in Art. 29 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz ausdrücklich vorgesehen. Dass darüber hinaus ein weiteres allgemeines Informationsrecht auch dann erforderlich sein soll, wenn ein Bürger von einem Verwaltungsvorgang überhaupt nicht betroffen ist, kann ich nicht erkennen. Ein derartiger Informationsanspruch würde zudem unseren Bestrebungen zur Verschlankung und Vereinfachung der Verwaltung zuwider laufen.
Volksbegehren und Volksentscheid sind ein bewährtes Mittel zur aktiven Teilhabe an politischen Entscheidungen. Hier sehe ich keinen Verbesserungsbedarf. Die Staatsregierung setzt verstärkt auf Bürgergutachten, um Position der Bürgerinnen und Bürger in die politischen Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen.
Es gibt ganz bestimmte Anliegen, die sowohl im Gemeinderat als auch im Kreisrat und Bezirksrat in sog. nichtöffentlichen Sitzungen geregelt und besprochen werden müssen. An den gegenwärtig dafür gültigen Gesetzen wie z.B. die Gemeindeordnung besteht für mich hinsichtlich einer Änderung kein Handlungsbedarf.
Mit freundlichen Grüßen
Christa Stewens