Bernd Vollmer
DIE LINKE
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Frage von Ludger K. •

Frage an Bernd Vollmer von Ludger K. bezüglich Finanzen

Wie könnte praktische Steuerpolitik für NRW aussehen, damit sinnvoll umgeschichtet werden kann?

Antwort von
DIE LINKE

Bei der Diskussion um Steuern wird immer wieder ausgeblendet, dass diese zwei zentrale Funktionen haben. Zum einen stellen Steuern die Einnahmen für den Staat, aus dem er seine gesellschaftlichen Aufgaben bezahlt. Dieses sind in erster Linie die staatlichen, also hoheitlichen Aufgaben wie beispielsweise Justiz und Polizei oder der Bereich der auswärtigen Angelegenheiten (z.B. Botschaften und Konsulate) und die öffentlichen Aufgaben. Mit öffentlichen Aufgaben sind nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Dezember 1974 „die Aufgaben gemeint, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber so geartet sind, dass sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss.“ Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen, gehören zu den Aufgaben u.a. die Soziale Sicherung (Schwerpunkt Renten- und Arbeitslosenversicherung), die Verteidigung und das Geldwesen. Dieses sind Aufgaben des Bundes, als Investition in die Zukunft sei noch die Forschung erwähnt.

Das Land NRW hat als Bestandteil unserer föderalen Struktur die eigenständige Verantwortung für das Gesundheitswesen, für die Kulturförderung, für die Steuerverwaltung und für die Ausgaben in die Zukunft, wie Schulen und Universitäten. Zu nennen ist auch die Wohnbauförderung.

Diese Bereiche kann der Staat nur dann im Sinne des Bürgers wahrnehmen, wenn er dafür die erforderlichen Einnahmen erzielt, sprich die notwendigen Steuern von seinen Bürgern erhält. Nun gibt es Bürger, die überproportional auch von den staatlichen Aufgaben profitieren. Die gute Infrastrukturausstattung und die steuerlichen Rahmenbedingungen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass es, was das private Vermögen angeht, eine ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland gibt. 10% der Deutschen besitzen mehr als 50% des Vermögens, 1% noch immer 33% und 0,1% liegen bei 17%. Dagegen ist das Vermögen der unteren hälfte der Deutschen mittlerweile bei nur noch 1% angelangt. Das ist der negative Spitzwert international bei der Vermögensverteilung. Das das so ist, liegt auch am aktuellen deutschen Steuersystem. Die Vermögenssteuer wird seit 1996 nicht mehr erhoben. Ein internationaler Vergleich ist schwierig, da die OECD eine Reihe von Steuerarten zu den Vermögenssteuern zählt, so z.B. die Grundsteuer. Nach diesem Vergleich hat Deutschland eine sehr niedrige Steuerquote. Die Vermögenssteuer steht den Ländern zu. Mit der Nichterhebung entzieht der Bund also NRW Steuereinnahmen. Um auf die Frage zurückzukommen, ist hier ein Punkt, wo NRW über eine Bundesratsinitiative tätig werden muss.

Dazu kommen die Veränderungen im Steuersystem über das letzte Jahrzehnt, wie Reduzierung des Spitzensteuersatzes, die Absenkung der Körperschaftssteuer, erweiterte Abschreibungsregeln für Unternehmen usw. die Mittlerweile rund 70 Milliarden Euro pro Jahr ausmachen. Dazu kommt die Steuerflucht in andere Länder, fehlende Steuerprüfungen wegen fehlendem Personal, ganz zu Schweigen von systematischen Steuerbetrag. Darüber fehlt noch einmal mindestens der gleiche Betrag in der öffentlichen Kasse. Auch die veränderten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, Minijobs, schlecht bezahlte Leiharbeit, Werksverträge haben dazu geführt, dass die Steuereinnahmen sich reduziert haben. Das trifft besonders NRW, dass seinen Strukturwandel noch nicht bewältigt hat. Die fehlenden Steuereinnahmen führen gerade in NRW dazu, dass viele Kommunen nicht mehr ausreichend finanziert sind. Ihnen fehlt das Geld, ihre notwendigen Investitionen in Schulen, Straßen, öffentlichen Nahverkehr, Gesundheitswesen und Wohnungswesen zu finanzieren. Das aber kostet Arbeitsplätze bei Handwerkern und regionalen Unternehmen, bedeutet daher aber auch steigende Sozialkosten bei den Kommunen. Für die Linken ist daher eine Millionärssteuer ein wichtiger Baustein für ein zukunftsfähiges NRW.

Der zweite Aspekt von Steuern bezeiht sich auf eine Lenkungs- und Steuerungsaufgabe. Damit werden nicht gewünschte Entwicklungen durch Abgaben belastet und gewünschte Entwicklungen durch Subventionen gefördert. Der Solidarbeitrag ist so ein Instrument. Mit ihm sollte der Nachholbedarf in den neuen Bundesländern finanziert werden. Gerade aus der Sicht von NRW ist hier aber auch ein Beispiel, wo es dringenden Nachbesserungsbedarf gibt. Hochverschuldete Städte müssen Kredite aufnehmen, um ihren Anteil zu finanzieren. Dabei gibt es Städte, die dringend einen eigenen Anteil bräuchten. Hier ist ein Umbau zu einem echten für ganz Deutschland geltenden Solidarbeitrag notwendig. Ein anderes Beispiel ist der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7%. Diese einst aus sozialen Gründen eingeführte Satz gilt eigentlich für Lebensmittel und Druckerzeugnisse. Dazu kamen in der Landwirtschaft benötigte Produkte und der öffentliche Nahverkehr. Eine Reform ist überfällig. Beispielsweise könnte die ökologische Landwirtschaft beim Steuersatz bevorzugt werden.

Dieses soll erst einmal reichen. Gerne beantworte ich auch Nachfragen zum Thema.