Müssen soziale Medien stärker reguliert werden?
Sehr geehrte Frau Lindholz,
angesichts der aktuell sehr aufgeheizten Stimmung in Deutschland mache ich mir große Sorgen um unser Land. Seien es verbale Grenzüberschreitungen, die Verächtlichmachung unserer Demokratie, Einschüchterungsversuche gegen Amtsträger oder auch tätliche Übergriffe gegen Polizisten und Sanitäter...in Deutschland gehen Dinge vor sich, die sich mancher Bürger vor 10 Jahren in dem Ausmaß noch nicht hätte vorstellen können. Sicherlich spielen immer auch Rahmenbedingungen wie Krisen (Corona, Migration, etc.), oder die Unzufriedenheit mit einer (schwachen) Regierung eine Rolle. Ohne die "sozialen" Medien wäre eine so schnelle Verbreitung von Falschinformationen wie auch die gezielte Aufstachelung so vieler Menschen jedoch niemals möglich.
Daher meine Frage: Wie können unsere demokratischen Werte geschützt werden? Wäre Ihrer Meinung nach eine stärkere Kontrolle sozialer Medien hilfreich bzw. ist dies überhaupt möglich?
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich kann Ihre Eindrücke und Sorgen im Hinblick auf die sozialen Medien nachvollziehen. Gleichzeitig eröffnen die Sozialen Medien völlig neue Möglichkeiten und Chancen der Kommunikation und nehmen deshalb zu Recht einen großen Stellenwert im Alltag jedes Einzelnen ein.
Allerdings ist auch klar, dass bei allem Neuen und Positiven die Social-Media-Plattformen verantwortlich sind für die Verbreitung von Unwahrheiten, Fake-News, Beleidigungen und Bedrohungen. Diese Entwicklungen sind besorgniserregend .Für mich ist klar: Der freie Austausch von Meinungen ist Kernelement und Grundlage unserer Demokratie. Rede und Gegenrede, kritische, auch zugespitzte Äußerungen sind elementare Bestandteile einer kontroversen und demokratischen Debatte. Das ist wichtig für unseren Diskurs und damit auch uns als Gesellschaft. Auch im Netz muss der Satz gelten: Im Zweifel für die Meinungsfreiheit! Dabei darf aber die Beurteilung darüber, was noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, nicht Unternehmen wie Facebook, Google oder X überlassen werden.
Die Politik muss Phänomenen wie Hassrede und Fake News rechtlich mit Augenmaß und in Respekt vor der Bedeutung der Meinungsfreiheit begegnen. Wir brauchen eine Kombination aus wirksamen Verfahren der Selbstregulierung, guten Gesetzen, einen konsequenten und schnellen Vollzug dieser Regeln und einem geschärften gesellschaftlichem Bewusstsein. Als Union haben wir uns immer für eine maßvolle Verschärfung der einschlägigen Vorschriften z.B. im Telemediengesetz, im Straf- und Zivilrecht eingesetzt. So ist das NetzDG seit 2017 in Kraft. Das Gesetz zielt darauf, Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer zu bekämpfen. Um die sozialen Netzwerke zu einer zügigeren und umfassenderen Bearbeitung von Beschwerden insbesondere von Nutzerinnen und Nutzer über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte anzuhalten, wurden mit dem NetzDG gesetzliche Compliance-Regeln für soziale Netzwerke eingeführt. Daneben gibt es die Zentrale Meldestelle beim BKA, die eine effektive Strafverfolgung der Straftaten in sozialen Medien ermöglicht. Straftaten im Netz machen aber nicht an den Landesgrenzen halt. Deshalb hat sich auch die EU-Ebene mit dem Thema beschäftigt und mit dem Digital-Service-Act ein Regelwerk verabschiedet, das die Entfernung illegaler Inhalte ermöglicht. Für große Online-Plattformen und Suchmaschinen, die monatlich mindestens 45 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer erreichen, gelten besondere Sorgfaltsanforderungen, wie zum Beispiel die Pflicht zur Risikoanalyse und Risikominimierung. Dazu sollen illegale Inhalte auf Plattformen besser bekämpft werden. Dies betrifft neben Hassrede beispielsweise auch gefälschte Produkte, die zum Kauf angeboten werden. In Deutschland werden die Regelungen im sog. Digitale-Dienste-Gesetz umgesetzt. Hier ist insbesondere Bayern sehr engagiert, um die Bürgerinnen und Bürger besser vor Hass und Hetze im Netz zu schütze (mehr Infos dazu hier: https://www.stmd.bayern.de/mehr-schutz-gegen-hass-und-hetze-im-netz-bayern-setzt-sich-mit-wichtigen-verbesserungen-im-bundesrat-durch/ ) .
Unabhängig davon gilt es den verantwortungsvollen Umgang in und mit sozialen Medien zu stärken. Es muss ein allgemeines Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass auch in den sozialen Medien respekt- und würdevoller Umgang miteinander sowie Respekt vor den Rechten und der Persönlichkeit anderer unverzichtbar sind.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz MdB