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Agnes Scharnetzky
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian M. •

Wie wollen Sie die Unterfinanzierung der sächsischen Universitäten bekämpfen und dem akademischen Mittelbau (insbes. nach der Promotion) bessere Perspektiven im akademischen Bereich bieten?

Sehr geehrter Frau Scharnetzky,

meine Frage zielt darauf ab dass z.B. an unserem Institut im Bereich Elektrotechnik zum einen hervorragende und tw. weltweit einzigartige Messausstattung vorhanden ist, aber gleichzeitig in Büroräumen der Putz von der Decke fällt. Der zweite Teil der Frage ziehlt darauf ab, dass es im akademischen Mittelbau neben oder unterhalb der Professur insbesondere für Postdocs keine nennenswerten Perspektiven gibt. Dies wurde durch die Novelle des WissZG noch verschärft. Im Freistaat Bayern existieren z.B. Stellen für akademische Räte oder Oberräte im Beamtenverhältnis. Könnte ein ähnliches oder noch verbessertes Modell für Sachsen etabliert werden? Aktuell sind Stellen für Postdocs sehr unattraktiv u.a. weil die Vergütung i.d.R. nicht über den Gehältern für Doktorand*innen liegt und befristete Arbeitsverträge die Regel sind.

Ich bin gespannt auf Ihre Ideen und hoffe, einen für mich wichtigen Punkt gut erläutert zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.

vielen Dank für Ihre Frage.

Wir BÜNDNISGRÜNE stehen für eine auskömmliche und aufgabengerechte Hochschulfinanzierung. Dafür setzen wir uns in den Haushaltsverhandlungen ein. Die Hochschulfinanzierung wurde -auf unsere Initiative- auf ein Zwei-Säulen-Modell (Grund- und Innovationsbudget) gestellt. Dadurch erhöht sich die Grundfinanzierung spürbar.

Wir setzen uns für eine Dynamisierung der Grundfinanzierung ein. Die auskömmliche Grundfinanzierung ist die Voraussetzung für gute Studien- sowie attraktive Lehr- und Forschungsbedingungen. Nur so kann fortlaufendend die Zahl der unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse erhöht werden.

Nichtsdestotrotz gibt es verschiedene Aspekte in Ihrer Frage:

Zu den Karriereperspektiven neben der Professur: 

Mit der Hochschulgesetznovelle in 2023 haben wir die unbefristete Beschäftigungskategorie Lektor:in Lehre oder Forschung sowie Wissenschaftsmanager:in eingeführt. Deren eigenständiges Profil wollen wir fortentwickeln, um die Karriereperspektiven nach der Promotion und die dauerhaften Verbleibchancen im Wissenschaftssystem zu verbessern. Die Akademischen Rät:innen in Bayern entsprechen im Wesentlichen den Akademischen Assistent:innen im Sinne der Paragraphen 76,77 SächsHSG und sind nur befristet beschäftigt, einem Hochschullehrenden zugeordnet und damit nicht unabhängig, sondern weiterhin der Kategorie „Nachwuchs“ zugeordnet. Dies scheint mir nicht die Perspektive, die Sie ansprechen.

Wir streben die fortlaufende Erhöhung von unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen an, sowohl im wissenschaftlichen Bereich als auch bei den sogenannten Daueraufgaben. Dabei nutzt die auskömmliche Grundfinanzierung. Weiterhin befürworten wir ein unabhängiges und nicht-weisungsgebundenes Profil von Stellenkategorien die sich an promovierte Personen richten. Die Qualifizierung ist mit der Promotion beendet und der Begriff „Nachwuchswissenschaftler:in“ überdehnt.

Daneben existiert aber auf Bundesebene mit dem WissZeitVG noch das arbeitsrechtliche Sonderbefristungsrecht für die Wissenschaft. Wie Sie vielleicht wissen, sind die Einzelheiten der längst überfälligen Novelle zwischen den Koalitionsfraktionen und dem BMBF weiterhin strittig und bedürfen einer Lösung im Deutschen Bundestag. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat, sodass der Einfluss der Länder auf die Ergebnisse praktisch nicht vorhanden ist. Aus unserer Sicht bedarf es einer zügigen Einigung hinsichtlich des Zeitpunkts der Anschlusszusage, der Höchstbefristung, sowie einer Schärfung des Qualifikationsbegriffs und der Aufweichung der Tarifsperre. Dafür treten wir im Bund ein. 

Zur Hochschulfinanzierung:

Das System der Hochschulfinanzierung ruht auf unterschiedlichen Säulen und Finanzierungsvereinbarungen und nur die im Haushaltsplan beschlossenen Mittel sind durch die gewählten Abgeordneten des Sächsischen Landtages überhaupt beeinflussbar. 

Die Hochschulen erhalten die staatliche Finanzierung als ein Globalbudget ausgereicht. Die Aufstellung des Haushaltes und die Lenkung der Mittel erfolgen hochschulintern und sind politisch nicht steuerbar, da dies der Hochschulautonomie unterfällt. Die mit dem Haushaltsbeschluss ausgereichten staatlichen Mittel orientieren sich an den angemeldeten Bedarfen der Hochschulen. Daneben schließt das zuständige Staatsministerium (SMWK) Zielvereinbarungen mit den Hochschulen, beispielsweise ist die Höhe von unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen dabei ein abrechenbarer Faktor. 

Sowohl die benötigten finanziellen Bedarfe als auch die hochschulinternen Ziele sind dabei individuell und relativ und orientieren sich an den Bedingungen vor Ort. So wird sachsenweit aktuell eine Zielgröße von 40% unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen im akademischen Mittelbau angestrebt. Kleinere Hochschulen haben oftmals aber die Möglichkeit ambitioniertere Ziele zu vereinbaren.

Zum Sanierungsstau:

Der Sanierungsstau an unseren Hochschul- und Forschungsbauten ist leider massiv, da die letzten Ertüchtigungen oftmals in den Nachwendejahren erfolgt sind. Das betrifft nicht nur die Aufwertung der allgemeinen Substanz, sondern auch das Fitmachen für die Klimaanpassung um zukünftige Ressourcen zu schonen, als Beitrag zum Gelingen der Energiewende durch Ausstattung mit PV-Anlagen und auch eine inklusive Bauweise.

Der Baubedarf ist nicht in die Hochschulfinanzierung inkludiert, sondern läuft in der Zuständigkeit des Sächsischen Staatsministerium der Finanzen (SMF)-konkret im SIB (Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement)- und werden in einem eigenen Haushaltsplan veranschlagt. Die Anmeldung der Hochschulen über notwendige Sanierungsbedarfe ist aber auch hier wieder die Voraussetzung.

Wir streben zunächst eine Gesamtschau zur Ermittlung der notwendigen Sanierungsbedarfe an, da die absolute Höhe derzeit nicht seriös bezifferbar ist. In einem weiteren Schritt muss in Verhandlungen mit dem SMF und im Dialog mit den Hochschulen ein Fahrplan zum Abbau des Sanierungsstaus erstellt werden. Über diesen Fahrplan beschließen die Abgeordneten des Sächsischen Landtages.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort unser Engagement für die weitere positive Entwicklung unserer Hochschulen und ihrer Beschäftigten näherbringen konnte.

Ich musste aber auch auf thematische und institutionelle Abhängigkeiten und Kompetenzverteilung eingehen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.

Herzliche Grüße

Agnes Scharnetzky

 

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