Die EU-Ratspräsidentschaft wechselt alle sechs Monate gemäß einer festgelegten Reihenfolge. Aktuell hat Belgien diese Position inne, gibt sie aber im Juli an Ungarn ab. Gegen Ungarn ist zur Zeit ein Rechtsstaatsverfahren anhängig. Das EU-Rechtsstaatverfahren nach Artikel 7 dient dazu, etwaige Verstöße gegen die grundlegenden Werte der EU in einem Mitgliedsstaat zu untersuchen. Es kann zu Sanktionen führen, einschließlich der Aussetzung von Stimmrechten im Rat der Europäischen Union. Wir stellten den Kandidierenden aus diesem Grund die Frage, ob ein Land, dass sich gegenwärtig in einem Artikel 7-Verfahren befindet, weiterhin die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen dürfen soll.
Der Großteil der Kandidierenden (68,6%) ist dafür, dass dies zukünftig nicht mehr möglich ist. Nur 12,5% der Kandidierenden lehnen die These ab, 18,9% stimmen neutral.
Der Großteil der CDU/CSU, der Linken, der Grünen und der SPD stimmen der These zu. Die AfD lehnt die These beinahe einstimmig ab. Die Kandidierenden der FDP teilen sich bis auf fünf Personen auf Zustimmung und „neutral“ auf.
Johanna Brauer (Linke) stimmt der These zu:
Wenn Mitgliedsstaaten die Grundsätze der EU nicht achten oder grob verletzen,so soll ihnen das Stimmrecht entzogen werden können. Was nicht passieren darf, ist die Einstellung sozialer, ökologischer und Bildungspolitischer Projekte. Damit liefert die EU für Antidemokaten noch mehr Nährboden .
Weitere Begründungen für Zustimmung zur These finden sich z.Bsp. Anna Cavazzini (B90/Grüne) oder Manfred Weber (CSU). Eine Begründung für die Ablehnung der These aus der AfD gibt es von Arno Bausemer:
Die EU-Ratspräsidentschaft wechselt alle 6 Monate und hat sich über die Jahrzehnte bewährt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb politische Manöver gegen einzelne Mitgliedsstaaten neben einem Rechtsstaatsverfahren auch noch zum Entzug des Vorsitzes führen sollen. Respekt statt Ausgrenzung.
Ralf Berlingen (FDP) begründet die neutrale Haltung der FDP wie folgt:
Die FDP setzt sich erst dann für den Entzug der Ratspräsidentschaft eines Mitgliedsstaats ein, falls ein Artikel-7-Verfahren die Verletzung fundamentaler Grundsätze der EU rechtssicher festgestellt hat.