Landtagswahlrecht Bayern 2013

Wahlsystem Bayern: "Personalisierte Verhältniswahl mit offenen Listen"

Besonderheiten

  • Mit der Zweitstimme kann der Wähler direkt einen Bewerber auf der Liste einer Partei ankreuzen.
  • Erst- und Zweitstimme werden zur Ermittlung der Sitzverteilung auf die Parteien zusammengezählt.
  • Kein landesweiter Verhältnisausgleich
  • Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlverfahrens unter dem geltenden Landeswahlrecht (getrennte Sitzverteilung in den sieben Regierungsbezirken) für verfassungswidrig erklärt, weil es die großen Parteien begünstige. Seitdem wird das sog. "Hare/Niemeyer"-Verfahren angewendet.
  • Siegreiche Stimmkreiskandidaten, deren Partei an der Sperrklausel von 5% scheiterte, verlieren ihr Mandat.

Abgeordnetenzahl

Der Landtag besteht ab 2003 aus mindestens 180 Sitzen (vorher 204). Davon werden mindestens 90 (vorher 104) Mandate in Einpersonenwahlkreisen nach relativer Mehrheitswahl und die restlichen über offene Listen vergeben.

Wahlperiode

Die Legislaturperiode beträgt seit der Landtagswahl 1998 fünf Jahre. Bis dahin wurde der Landtag für jeweils vier Jahre gewählt.

Aktives und passives Wahlrecht

Aktiv wahlberechtigt ist jeder Deutsche, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten seinen (Haupt-)Wohnsitz in Bayern hat. Diese Vorraussetzungen gelten ebenfalls beim passiven Wahlrecht - ab 18 ist man wählbar.

Wahlgebietseinteilung

Das Wahlgebiet ist in sieben Wahlkreise, die mit den Regierungsbezirken identisch sind, eingeteilt. Im gleichen Verhältnis, wie sich die Einwohnerzahlen der Wahlkreise zueinander verhalten, erfolgt die Verteilung der 180 Sitze an die Wahlkreise. Von den Sitzen eines Wahlkreises wird jeweils die Hälfte (bei ungerader Sitzzahl einer mehr) per Mehrheitswahl in Stimmkreisen vergeben, die anderen über Wahlkreislisten:

 

Die Einwohnerzahl eines Stimmkreises soll von der durchschnittlichen Einwohnerzahl der Stimmkreise im jeweiligen Wahlkreis nicht um mehr als 15% nach oben oder unten abweichen. Sobald die Abweichung mehr als 25% beträgt, muss eine Neuabgrenzung der Kreise vorgenommen werden, sodass die Abweichung wieder unter 15% liegt.

Stimmenzahl

Jeder Stimmkreisbewerber einer Partei muss auch auf der Wahlkreisliste dieser Partei aufgeführt sein. Allerdings kann der Stimmkreisbewerber im eigenen Stimmkreis auf der Wahlkreisliste nicht gewählt werden. Darüber hinaus kann die Wahlkreisliste einer Partei Kandidaten enthalten, die unmittelbar von der Wahlkreisdelegiertenkonferenz der Partei aufgestellt sind. Die Listenbewerber sind auf dem Stimmzettel in der von der Wahlkreisdelegiertenkonferenz festgelegten Reihenfolge aufgeführt.

Analog zu diesen Bewerbungsformen hat der Wähler zwei Stimmen: Mit der Erststimme wählt er einen Stimmkreiskandidaten, mit der Zweitstimme einen Kandidaten der Wahlkreisliste einer Partei.

Der Wähler kann seine Zweitstimme auch einer Wahlkreisliste ohne spezielle Kennzeichnung eines Bewerbers geben - mit dieser Möglichkeit wählt man mit der Zweitstimme nur eine Partei ohne bestimmten Politiker. Da es für diese Möglichkeit kein spezielles Feld auf dem Wahlzettel gibt, tritt es in Kraft wenn der Wähler sein Kreutz in der Kopfleiste der Wahlkreisliste macht oder mehrere Bewerber der selben Wahlkreisliste ankreuzt.

Sitzverteilung

In jedem Wahlkreis werden die für die Stimmkreisbewerber der Parteien und die Listen der Parteien abgegebenen Stimmen – sowohl die Stimmen für einen Bewerber der Liste wie für die Liste insgesamt – zusammengezählt. Diese Summen dienen dann der verhältnismäßigen Vergabe der Sitze nach Hare/Niemeyer an die Parteien. Damit steht fest, wie viele Sitze jede Partei aus dem Reservoir des Wahlkreises zu beanspruchen hat.

In den Stimmkreisen sind die Bewerber mit den meisten Stimmen gewählt. Sollte die Partei eines erfolgreichen Bewerbers an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sein, so fällt das Mandat an den Stimmkreisbewerber mit der zweithöchsten Stimmenzahl.

Die Zahl der aus der Wahlkreisliste einer Partei zu vergebenden Sitze wird um die Zahl der direkt errungenen Sitze ihrer Bewerber vermindert. Der sich nunmehr ergebende Rest wird an die Bewerber der Liste – bei Nichtberücksichtigung bereits in den Stimmkreisen erfolgreicher Bewerber – nach Maßgabe der von ihnen erreichten Stimmen verteilt. Dabei werden die Stimmen die ein Bewerber im Stimmkreis und auf der Liste erhalten hat, herangezogen. Im Allgemeinen genießen also Personen, die als Stimmkreis- und damit notwendig auch als Wahlkreisbewerber bei der Wahl antreten, einen Vorteil gegenüber Bewerbern, die nur auf der Liste kandidieren; dies nicht aus wahltechnischen Gründen – jeder Bewerber kann ja nur maximal eine der beiden Stimmen eines Wählers erhalten –, sondern auch dadurch, dass der Wähler zumeist beide Stimmen nach seiner Parteipräferenz vergibt. Für die Erststimme ist der Kandidat aber dem Wähler fest vorgegeben; mit seiner Zweitstimme kann der Wähler jedoch unter mehreren Bewerbern einer Liste auswählen, was zu einem Vorteil für die Stimmkreisbewerber führt.

Erhält hiernach eine Partei, auf die mehr als die Hälfte aller zu berücksichtigenden Stimmen im Lande entfallen sind, nicht auch landesweit mehr als die Hälfte der zu vergebenden Mandate, so werden dieser Partei so viele weitere Sitze zugeteilt, dass sie die Mehrheit der Sitze hat. Diese Sitze gehen an die noch nicht gewählten Wahlkreisbewerber mit den landesweit meisten Stimmen.

Überhang- und Ausgleichsmandate

Gewinnt eine Partei in den Stimmkreisen mehr Mandate als ihr nach dem Verhältnisausgleich auf Wahlkreisebene zustehen, so verbleiben diese Sitze der Partei. Die übrigen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Dazu wird die Zahl der im Wahlkreis zu vergebenden Mandate solange um eins erhöht, bis die Verteilung nach Hare/Niemeyer im Wahlkreis keinen Überhang mehr ergibt.

Quelle: wahlrecht.de