Landtagswahl in Thüringen 2024

So positionieren sich die Kandidierenden zur Landtagswahl in Thüringen

Am 1. September wählt Thüringen einen neuen Landtag. In unserem Kandidierenden-Check positionieren sich die Direktkandidierenden zu 14 relevanten Thesen für Thüringen. Ob Wahlalter, die Prävention häuslicher Gewalt oder der Ausbau von Gemeinschaftsschulen - auch parteiintern herrscht nicht immer Einigkeit. Eine umfangreiche Auswertung und kleine Auswahl der Antworten finden Sie hier!

von Emil Röder, Alexander Kukuk und Anne Hoppe, 06.08.2024

Die Landtagswahl in Thüringen steht vor der Tür und die politischen Themen sind vielfältig und kontrovers. Soll das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden? Soll mehr Geld in den Ausbau von Straßen und Autobahnen investiert werden? Sollen alle Jugendlichen verpflichtend eine KZ-Gedenkstätte besuchen? Dies sind nur einige der Fragen, die die Bürger:innen beschäftigen. Um den Wähler:innen eine fundierte Wahlentscheidung zu ermöglichen, haben wir von abgeordnetenwatch.de einen umfassenden Kandidierenden-Check durchgeführt. Wir haben die Direktkandidierenden gebeten, sich zu 14 Thesen zu positionieren. Ein Großteil der Kandidierenden nutzte dieses Angebot: 192 von 270 Kandidierenden haben ihre Positionen zu den Thesen abgegeben. Dies entspricht einer Beteiligungsquote von rund 71 Prozent (Stand 6.08.2024). 

Welche Thesen sind besonders umstritten? Wo gibt es überraschende Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Parteien? Dies haben wir im Folgenden analysiert und ausgewertet. Wir werfen auch einen Blick auf die Begründungen der Spitzenkandidierenden, die ihre Positionen zu den einzelnen Thesen ausführlich darlegen. Besonders bei kontroversen Themen lohnt sich ein Blick auf die Profilseite der Kandidierenden. Hier finden Sie alle Begründungen zu ihren Positionen.

*Alle Angaben im Text beziehen sich auf die Kandidierenden, die am Kandidierenden-Check teilgenommen haben. Die genannten Zahlen im Text beziehen sich auf den Stand vom 6. August 2024. Die Kandidierenden können bis einen Tag vor der Wahl ihre Positionen einreichen.

These 1: Das Wahlalter für die Landtagswahl soll auf 16 Jahre gesenkt werden.

Wer dieses Jahr an der Landtagswahl in Thüringen teilnehmen möchte, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Anders ist dies beispielsweise in Brandenburg: Hier darf man bereits mit 16 Jahren an die Wahlurne treten. Auch in Thüringen wird die Forderung lauter, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken und dadurch jüngere Generationen stärker in politische Prozesse einzubinden.

Die Forderung wird unterschiedlich aufgenommen: Die Kandidierenden von die Linke zeigen mit 97% Zustimmung eine deutliche Unterstützung für die Senkung des Wahlalters. Auch die Grünen (94%) und die SPD (95%) sprechen sich mehrheitlich dafür aus. Die Freien Wähler stimmen zu 60% zu, ebenso wie die ÖDP mit 67%.

Demgegenüber lehnt die CDU diese These mit 74% der Stimmen ab, ebenso wie die AfD, bei der 73% gegen eine Senkung des Wahlalters stimmen. Die FDP zeigt ein gespaltenes Bild: 32% stimmen zu, 40% lehnen ab und 28% haben eine neutrale Haltung.

Insgesamt stimmen 60% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 31% sie ablehnen und 9% neutral bleiben.

Der Spitzenkandidat der CDU Mario Voigt begründet seine Ablehnung wie folgt: 

Wir orientieren uns an der uneingeschränkten Geschäfts- und Deliktfähigkeit und der unbeschränkten Strafmündigkeit ab 18 Jahren. Andernfalls bestünde ein klarer Widerspruch, wenn einerseits mit 16 gewählt werden kann, andererseits aber Handy- und Mietverträge noch nicht abgeschlossen werden können.

Die Spitzenkandidatin der Grünen, Madeleine Henfling, unterstreicht ihre Zustimmung mit folgenden Worten:

Jugendliche sind in der Lage, sich eine fundierte Meinung zu bilden, und sind von den meisten Entscheidungen betroffen, daher sollten sie auch wählen dürfen. Perspektivisch ist sogar eine weitere Absenkung auf 14 Jahre denkbar.

These 2: Das Land Thüringen soll mehr Geld in den Ausbau von Straßen und Autobahnen investieren.

Die Frage, ob Thüringen mehr Geld in den Ausbau von Straßen und Autobahnen investieren soll, spaltet die Meinungen der Kandidierenden. Insgesamt simmt eine Mehrheit von 53% der Teilnehmenden dieser These zu, während 17% sie ablehnen und 30% neutral bleiben.

Besonders stark befürworten Kandidierende der CDU (97% Zustimmung) und der FDP (80% Zustimmung) zusätzliche Investitionen in die Straßeninfrastruktur. Auch die AfD positioniert sich mehrheitlich für mehr Investitionen (96% Zustimmung).

Im Gegensatz dazu lehnen die Grünen diese These größtenteils ab (75% Ablehnung). Die Kandidierenden der Linken stimmten mehrheitlich neutral (72 %).  

Die Kandidierenden der SPD sind in dieser Frage nicht einer Meinung: 30% stimmen zu, während 24 % ablehnen und 46% neutral bleiben.

These 3: Gymnasium und Regelschule sollen in Gemeinschaftsschulen zusammengeführt werden.

Die Idee, Gymnasium und Regelschule in Gemeinschaftsschulen zusammenzuführen, zielt darauf ab, das Bildungssystem durch eine einheitlichere Schulstruktur zu reformieren. Befürwortende argumentieren, dass ein gemeinsames Lernen zu einer höheren Bildungsqualität führt, während kritische Stimmen befürchten, dass dies die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler nicht ausreichend berücksichtigt.

Insgesamt stimmen 45% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 38% sie ablehnen und 17% neutral bleiben.

Die Kandidierenden der Linken unterstützen diese These mit einer überwältigenden Mehrheit von 92%. Auch bei der SPD findet die Idee große Zustimmung, wobei 78% der Kandidierenden dafür stimmen. Die Grünen sind mit 56% Zustimmung ebenfalls mehrheitlich für die Einführung von Gemeinschaftsschulen.

Auf der anderen Seite lehnt die CDU diese These geschlossen ab, mit 84% Ablehnung und keiner Zustimmung. Die AfD zeigt ebenfalls eine starke Ablehnung (96% Ablehnung). Die Mehrheit der FDP-Kandidierenden lehnen die Idee ebenfalls ab (60%).

Thomas L. Kemmerich, Spitzenkandidat der FDP, stimmte gegen die Vorderung und begründet dies mit folgenden Worten: 

Zwangsfusionen wird es mit der FDP Thüringen ebenso wenig geben wie die Bevorzugung von Gemeinschaftsschulen. Statt Standorte und Schularten in Frage zu stellen, wollen wir sicherstellen, dass an allen Schulen gleichermaßen die Talente gefördert und angemessene Leistungen gefordert werden.

These 4: Geflüchtete sollen landesweit zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden.

Die Frage, ob Geflüchtete landesweit zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden sollen, ist eine hochkontroverse Diskussion. Die ersten drei bis sechs Monate dürfen Asylbewerber:innen nicht arbeiten. Nach der aktuellen gesetzlichen Regelung ist es jedoch möglich Asylbewerber:innen bis zu vier Stunden am Tag zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Die Betroffen bekommen dazu 80 Cent die Stunde als Aufwandsentschädigung. Tätigkeitsbereiche sind hauptsächlich die Reinigung von öffentlichen Plätzen und die Pflege von Grünanlagen. Falls die betroffene Person sich weigert können finanzielle Sanktionen von bis zu 180€ monatlich verhängt werden. 

Insgesamt haben die Kandidierenden zu dieser Frage eine klar Haltung: 48% der teilnehmenden Kandidierenden stimmen der These zu, während 42% sie ablehnen und nur 10% neutral bleiben.

Diese These wird von der CDU mit 94% Zustimmung stark unterstützt. Die FDP zeigt ebenfalls eine hohe Zustimmung (80%). Die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sprechen sich geschlossen für diese Maßnahme aus, jeweils mit 100% Zustimmung.

Mario Voigt (CDU) begründet seine Zustimmung wie folgt:

Geflüchtete dürfen in den ersten drei Monaten nach Ankunft aufgrund der Regeln im Asylbewerberleistungsgesetz nicht arbeiten. Die Arbeitspflicht erleichtert Integration, führt an den Arbeitsmarkt heran und schafft mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.

Die Grünen hingegen lehnen den Vorschlag größtenteils ab (81% Ablehnung). Kandidierende der Linken positionieren sich ebenfalls gegen diese Maßnahme (87% Ablehnung), ebenso wie die Kandididerenden der SPD (67% Ablehnung, 19% Zustimmung). 

Der Spitzenkandidat der SPD, Georg Maier, positioniert sich entgegen der Mehrheit seiner Partei neutral mit der folgenden Begründung: 

Gemeinnützige Arbeit durch Geflüchtete verursacht einen unnötig hohen bürokratischen Aufwand. Viel wichtiger ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Geflüchtete einer tatsächlichen Erwerbsarbeit nachgehen können.

These 5: Für den Bau von Windkraftanlagen sollen Waldgebiete genutzt werden.

Angesichts des Ausbaus erneuerbarer Energien, wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob Waldgebiete für den Bau von Windkraftanlagen genutzt werden sollen. Diese Maßnahme soll helfen, die Energiewende zu beschleunigen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Kritische Stimmen warnen jedoch vor erheblichen Eingriffen in empfindliche Ökosysteme und dem Verlust wertvoller Waldflächen in Thüringen.

Diese These wird von der Linken mit einer deutlichen Mehrheit von 77% Zustimmung unterstützt. Auch innerhalb der SPD findet die Idee Anklang, wobei 54% der Kandidierenden dafür stimmen (bei 27% neutral). Die Grünen sind in dieser Frage gespalten: 38% stimmen zu, während 6% ablehnen und 56% neutral bleiben.

Im Gegensatz dazu lehnt die CDU diese These mit 87% klar ab. Auch Kandidierende der FDP (88%) und der AfD (100%) sind gegen die Nutzung von Waldflächen für Windkraftanlagen.

Insgesamt stimmen 32% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 49% sie ablehnen und 19% neutral bleiben.

These 6: Alle Jugendlichen sollen in ihrer Schulzeit verpflichtend eine KZ-Gedenkstätte besuchen.

Angesichts des wachsenden Antisemitismus in Deutschland, wird die Diskussion um eine verpflichtende Besichtigung von KZ-Gedenkstätten für Schüler:innen wieder lebendiger. In Thüringen allein wurden im letzten Jahr insgesamt 132 antisemitische Straftaten im Verfassungsschutzbericht 2023 verzeichnet, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu früheren Jahren darstellt​. Befürwortende verpflichtender Besichtigungen von KZ-Gedenkstätten argumentieren, dass ein Besuch historischer Stätten das Bewusstsein für die Schrecken des Holocausts schärft und der Verharmlosung antisemitischer Gewalt entgegenwirkt. Kritische Stimmen befürchten jedoch, dass eine Pflichtmaßnahme nicht die gewünschte tiefgehende Auseinandersetzung bewirkt.

Insgesamt stimmen 66% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 9% sie ablehnen und 25% neutral bleiben.

Diese These wird von der CDU (90% Zustimmung), SPD (87% Zustimmung) und den Grünen (82% Zustimmung) stark unterstützt. Der Spitzenkandidat der SPD Georg Maier begründet seine Zustimmung mit folgenden Worten: 

Da immer weniger Zeitzeugen berichten können, sind Gedenkstätten entscheidende Orte, um Geschichte aufzuarbeiten und an unsere Verantwortung des „Nie wieder!“ zu erinnern.


Innerhalb der FDP zeigt sich ein gemischtes Bild: 52% der FDP-Kandidierenden stimmen zu, während 16% ablehnen und 32% neutral bleiben. Kandidierende der AfD stimmen zu 50% neutral ab, 29% sind für verpflichtende KZ-Besuche, 21% dagegen. Kandidierende der Linken stimmen zwar mit 56% zu, 41% der Kandidierenden bleiben aber neutral, darunter auch Spitzenkandidat und aktueller Ministerpräsident Bodo Ramelow. Er erläutert seine neutrale Position wie folgt: 

Der Besuch einer KZ-Gedenkstätte ist eine wichtige bildende Erfahrung, die jedoch durch eine stärkere Demokratieförderung flankiert werden muss.

These 7: Das Mittagessen in Kindergärten und Grundschulen soll kostenlos sein.

Sollte das Mittagsessen in Kindergärten und Grundschulen kostelos angeboten werden? Unterstützer sehen darin einen Beitrag zur Gesundheit und Bildungsgerechtigkeit, während Kritiker die finanzielle Belastung für öffentliche Haushalte betonen. Eine Mehrheit der Kandidierenden stimmen dem zu (75%), während 10% sie ablehnen und 15% neutral bleiben.

Die größten Befürworter:innen des kostenlosen Mittagessen sind Kandidierende der Linken (100%), der BSW (100%) der Freien Wähler (80%) und der SPD (98%). Gespalten zwischen Zustimmung und Neutralität hingegen sind Kandidierende der Grünen (63% Zustimmung, 31% neutral) und der AfD (65% Zustimmung, 31% neutral). 

 

Madeleine Henfling (Bündnis 90/Die Grünen) begründet ihre Neutralität so:

Mit leerem Bauch lernt es sich schlecht. Jedes Kind sollte Zugang einer vollwertigen Pausenversorgung haben. Dafür müssen Bund, Land und Kommunen gemeinsam Strategien finden, auch um die Preise zu stabilisieren. Für Kinder aus finanzschwachen Haushalten ist das Essen bereits jetzt kostenlos.

Gespalten gegenüber dem für alle Kinder kostenlosen Mittagsessen positionieren die Kandidierende der CDU: 45% stimmen dem Vorschlag zu, 29% dagegen und 26% neutral. Die Kandidierenden der FDP sind sich ebenfalls nicht einig: von ihnen stimmen 36% für das kostenlose Mittagessen, 40% dagegen und 24% neutral.

Der ehemalige Ministerpräsident und Spitzenkandidat der FDP Thomas L. Kemmerich unterstreicht seine Ablehnung der Idee mit folgender Begründung: 

Eine Kostenfreiheit suggeriert leider, dass Essen keinen Wert darstellt. Das bewahrheitet sich aktuell in Berlin. Hier landet täglich eine Unmenge des kostenlosen Schulessens im Müll. Auf Thüringen kämen jährliche Kosten von 100 Millionen Euro zu. Dieser Betrag ist nicht frei verfügbar.

These 8: Um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu sichern, soll die Telemedizin stark ausgebaut werden.

Telemedizin bezeichnet die Nutzung digitaler Kommunikationsmittel, um medizinische Leistungen aus der Ferne zu erbringen. Dies umfasst unter anderem die Konsultation von Ärztinnen und Ärzten über Videokonferenzen, das Monitoring von Patientendaten und die digitale Übermittlung von Diagnosen und Therapieplänen. Besonders in ländlichen Gebieten kann die Telemedizin dazu beitragen, den Zugang zu medizinischer Versorgung zu verbessern.

Diese These wird von Kandidierenden aller großen Parteien stark unterstützt: So stimmen 92% der Kandidierenden der FDP und 87% der Linken zu. Auch die Kandidierenden der SPD zeigen hohe Zustimmung mit 84%, ebenso wie die CDU (84% Zustimmung). Die Grünen befürworten die Maßnahme ebenfalls (81% Zustimmung).

Nur die Kandidierenden der AfD sind sich in der Frage nicht einig: 39% stimmen zu, 27% lehnen ab und 35% bleiben neutral.

Insgesamt stimmen 77% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 6% sie ablehnen und 17% neutral bleiben.

These 9: Thüringen soll mehr Maßnahmen ergreifen, um Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben.

Die Frage, ob Thüringen verstärkt Maßnahmen ergreifen soll, um Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, findet unter den Kandidierenden breite Zustimmung. Insgesamt stimmen 72% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 14% sie ablehnen und 14% neutral bleiben.

Am größten ist die Zustimmung bei Kandididerenden der SPD (95%), der Grünen (94%) und der Linken (90%) und der CDU (84%). Und auch innerhalb der FDP findet die These 76% Zustimmung.

Besonders interessant sind da natürlich die Ausreißer:innen innerhalb der Parteien: so stimmt Kristina Nordt (CDU) als einzige ihrer Partei gegen die Anwerbung von Fachkräften durch das Land Thüringen und begründet dies wie folgt: 

Die Gewinnung von Arbeitskräften und besonders von Fachkräften ist orginäre Aufgabe der jeweiligen Unternehmen. Bemühungen der einzelnen Unternehmen werden durch die entsprechenden Kammern der unternehmerischen Selbstverwaltung unterstützt bzw. gebündelt und forciert.

Die AfD hingegen lehnt die These größtenteils ab: 73% der Kandidierenden stimmen gegen die Maßnahme, während nur 4% zustimmen und 23% neutral bleiben.

These 10: Elektronische Fußfesseln sollen als Mittel zur Prävention von häuslicher Gewalt eingesetzt werden.

Häusliche Gewalt ist ein ernstes Problem in Deutschland und sowie auch in Thüringen. Laut dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) stieg die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt im Jahr 2023 um 6,5% im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland wurden insgesamt 256.276 Menschen Opfer häuslicher Gewalt, davon 70% Frauen​.

Die Diskussion um den Einsatz elektronischer Fußfesseln zur Prävention von häuslicher Gewalt ist daher neu entflammt. Diese Maßnahme soll helfen, gefährdete Personen besser zu schützen, indem Täter in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und überwacht werden.

Insgesamt stimmen 36% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 32% sie ablehnen und 32% neutral bleiben.

Die CDU unterstützt diese Maßnahme mit 90% deutlich. Die Grünen zeigen mit 56% nur eine knappe mehrheitliche Zustimmung. Die FDP ist gespalten: 28% stimmen zu, 28% lehnen ab und 44% bleiben neutral. Ähnlich uneins sind die Kandidierenden der SPD: hier stimmen 32% der These zu, 39% lehnen sie ab und 29% wählen neutral. Innerhalb der AfD stimmt ein Großteil der Kandidierenden neutral (58%).

Der Spitzenkandidat der SPD, Georg Maier, seine begründet seine Ablehnung wie folgt: 

Die elektronische Fußfessel ist kein Allheilmittel gegen häusliche Gewalt, die sich häufig im familiären Umfeld abspielt und deshalb nur selten zur Anzeige gebracht wird. Wir wollen stattdessen mit entsprechenden Beratungsangeboten und einer hohen Polizeipräsenz für Sicherheit sorgen.

Parteikollege Steven Büchner hingegen stimmt einer Fußfessel als Präventionsmaßnahme zu: 

Häusliche Gewalt in ein nicht zu unterschätzendes Kriminalitätsphänomen. Täglich gibt sehr viele Übergriffe im häuslichen Bereich bis hin zu Tötungsdelikten. Vorsorge ist immer besser als Nachsorge, deshalb bin ich hier klar für die Einführung dieser Maßnahme.

These 11: Für die Kündigung der Rundfunkstaatsverträge soll zukünftig die Zustimmung des Landtags nötig sein.

Der Verfassungsblog hat in seinem Thüringen-Projekt eine Debatte angestoßen, die sich mit der demokratischen Kontrolle und dem Einfluss auf die Medienlandschaft beschäftigt. Eine der Forderungen dieses Projekts ist es, die Kündigung der Rundfunkstaatsverträge an die Zustimmung des Landtags zu knüpfen. Dies soll die Transparenz und die demokratische Legitimation solcher Entscheidungen erhöhen. 

Diesem Vorschlag stimmt die Mehrheit (59%) der Kandidierenden zu. Jeweils  etwa 20% der Kandidierenden verhalten sich ablehnend oder neutral zu der These.

Besonders groß ist die Zustimmung für die These bei Kandidierenden der Linken (87% Zustimmung) und der SPD (73% Zustimmung). Die Grünen befürworten die Maßnahme ebenfalls, wobei 69% der Kandidierenden zustimmen. Auch unter Kandidierenden der FDP (64% Zustimmung) und der CDU (52% Zustimmung) ist eine Mehrheit dafür. Die AfD ist als einzige Partei mehrheitlich gegen diese Maßnahme, wobei 81% der Kandidierenden ablehnen.

Der amtierende Ministerpräsident und Spitzenkandidat der Linken Bodo Ramelow unterstreicht seine Zustimmung wie folgt: 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein zentrales Gut für eine offene demokratische Gesellschaft. Ihn zu schützen vor den Angriffen von rechts ist notwendig. Die Stärkung des Landtages bei dieser Entscheidung kann hier einen Beitrag leisten.

Eine Gegenposition vertritt hingegen Parteikollegin Anja Müller, die ihr neutrale Haltung folgendermaßen begründet: 

Eigentlich brauchts das nicht. Ist jetzt schon geregelt. Und wenn man Angst hat, ein MP Höcke kann das alleine machen, wenn es einen MP Höcke gibt, gibt's auch ne Mehrheit der Faschisten im Landtag. Forderung zu kurz gedacht.

These 12: Der Quer- und Seiteneinstieg ins Lehramt soll durch zügige Entfristungen attraktiver werden.

Das Bildungssystem steht aktuell vor großen Herausforderungen, eine davon ist der Lehkräftemangel. Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, ist der Quer- und Seiteneinstieg ins Lehramt. Durch zügige Entfristungen soll dieser Weg attraktiver gemacht werden, um mehr qualifizierte Fachkräfte für den Unterricht zu gewinnen und langfristig im Schulsystem zu halten.

Dies ist im Kandidierenden-Check die am wenigsten kontrovers diskutierte These. Insgesamt stimmen 85% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 6% sie ablehnen und 9% neutral bleiben.

Wer sieht die Entfristung also kritisch und warum? 
 

Franziska Baum, FDP-Kandidatin auf Listenplatz 2, hat als eine von zwei Personen ihrer Partei gegen die Entfristung gestimmt: 

Der Quer- und Seiteneinstieg muss in aller erster Linie unbürokratisch und schneller gehen. Ziel muss es aber sein, die "richtigen" Personen zu gewinnen, diese entsprechend vorzubereiten, weiterzubilden und dann bei Eignung und nach Bewährung auch zu entfristen.

These 13: Konventionelle und ökologische Landwirtschaft sollen gleichermaßen gefördert werden.

Sollten konventionelle und ökologische Landwirtschaft gleichermaßen gefördert werden? Dies haben wir bei den Kandidierenden abgefragt. Das Meinungsbild ist gemischt: Insgesamt stimmen 64% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 18% sie ablehnen und 18% neutral bleiben.

Mehrheitliche Zustimmung zeigen Kandidierenden der CDU (87% Zustimmung), der Linken (85% Zustimmung), der FDP (80% Zustimmung) und der AfD (77% Zustimmung). Die Mehrheit der Grünen lehnt die gleichwertige Förderung ab (81% Ablehnung).

Die SPD ist der Frage gespalten: 46% stimmen der These zu, 35% lehne sie ab, 19% positionieren sich neutral.  

These 14: Das 49€-Ticket soll für Menschen mit geringem Einkommen ermäßigt angeboten werden.

Das 49€-Ticket, auch bekannt als Deutschland-Ticket, fand nach seiner Einführung großen Anklang und verzeichnete beeindruckende Verkaufszahlen. Der Preis von 49€ wird unter anderem vom Sozialverband VdK Deutschland für Menschen mit geringem Einkommen als zu hoch angesehen. Er fordert einen vergünstigtes Angebot zum Preis von 29€. 

Soll es also Ermäßigungen beim 49€-Ticket geben? Eine knappe Mehrheit der Kandidierenden ist dafür. Insgesamt stimmen 58% der teilnehmenden Kandidierenden der These zu, während 27% sie ablehnen und 15% neutral bleiben.

Die Linke unterstützt diese Maßnahme mit 97% Zustimmung nahezu einstimmig. Auch die SPD zeigt eine hohe Zustimmung mit 89%. Die Grünen befürworten die Maßnahme ebenfalls stark, wobei 88% der Kandidierenden zustimmen. 

Die CDU zeigt eine Zustimmung von 36%, wobei 45% ablehnen und 19% neutral bleiben. Der aktuelle Spitzenkandidat Mario Voigt spricht sich für ein reduziertes Angebot aus, während sein Parteikollege und ehemaliger Spitzenkandidat Mike Mohring dagegen hält. Auch bei der AfD sind parteiinterne Unterschiede erkennbar: 23% stimmen zu, 42% lehnen ab und 35% bleiben neutral. Die FDP lehnt diese Maßnahme größtenteils ab (68%). 


 

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