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Mike Nagler
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Frage von Lukas M. •

Frage an Mike Nagler von Lukas M. bezüglich Verbraucherschutz

Hallo Herr Nagler,

Sie kommen ja eher aus der außerparlamentarischen Ecke und sind parteilos. Warum kandidieren Sie nun für den Bundestag? Widerspricht das nicht Ihren politischen Idealen?

Viele Grüße,

Lukas Moosbacher

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Moosbacher,

vielen Dank für die Frage. Es ist richtig, ich bin parteilos und bin vor allem in Netzwerken, außerparlamentarischen Bewegungen und Bürgerinitiativen aktiv. Außerparlamentarisch und parlamentarisch widerspricht sich in diesem Fall nicht sondern ich sehe es als Erweiterung meines Wirkungskreises. Hier nochmal ein paar Zeilen zu meinem politischen Selbstverständnis:

Politisch aktiv zu sein heißt für mich, sich einzumischen, auf bestehende Ungerechtigkeiten und Probleme aufmerksam zu machen und mitzuhelfen, Lösungen zu entwickeln. Dabei ist für mich der unmittelbare Kontakt und Austausch mit den Betroffenen das Wichtigste. Das heißt aber vor allem: für Anregungen und Kritik, Sorgen und Nöte der Menschen offen zu sein und die konkreten Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen, anstatt mit vorgefertigter Mustern und einer unverbrüchlichen Meinung daher zu kommen.

Kritik und Selbstkritik sind für mich nicht nur Möglichkeiten, sondern Notwendigkeiten politischen Denkens und Handelns. Das bedeutet aber keineswegs, Politik nur pragmatisch zu betreiben. Im Gegenteil, das Streben nach einer anderen Gesellschaft erscheint mir dringender denn je. Dennoch: politische Visionen brauchen konkrete Anlässe und Orte, um wirksam zu werden. Das haben mir nicht zuletzt meine Erfahrungen aus dem Leipziger Bürgerentscheid vom Januar 2008 gezeigt. Damals waren die Leipzigerinnen und Leipziger dazu aufgerufen, über Erhalt oder Verkauf ihrer kommunalen Unternehmen zu entscheiden. 87,8% stimmten für den Erhalt.

Dieser Erfolg ist nicht vom Himmel gefallen, sondern das Produkt konkreter politischer Arbeit vor Ort. Es zeigt sich also, Mobilisierung gegen die etablierte Politik für klare, mehrheitsfähige Positionen kann erfolgreich sein, im Kampf gegen Privatisierung wie auf allen anderen Gebieten. Es ist aber entscheidend, sich nicht auf solchen Erfolgen auszuruhen, sondern weiter zu arbeiten und den Widerstand von der Basis, aus den Städten und Gemeinden ins Parlament zu tragen. Auch deshalb kandidiere ich für den Deutschen Bundestag.

Denn genau wie gesellschaftliche Visionen mit konkreter politischen Arbeit verbunden werden müssen, um erfolgreich zu sein, müssen wir noch stärker als bisher versuchen, die Arbeit im Parlament mit den Bestrebungen einer breiten und stetig wachsenden außerparlamentarischen Bewegung zu verbinden. Gerade in diesem Bereich habe ich seit Jahren eine Vielzahl an Erfahrungen gesammelt, sei es als Studierendenvertreter, als Mitinitiator des Leipziger Bürgerentscheids oder als Mitglied in der AG Finanzmarkt und Steuern von Attac. Mit meiner Kandidatur für den Bundestag will ich mich davon aber keineswegs verabschieden, sondern meinen politischen Wirkungskreis erweitern, um dazu beizutragen, einer Politik im Interesse der Mehrheit zum Durchbruch zu verhelfen und sie auf eine möglichst breite Basis zu stellen.

Vielleicht noch kurz erklärt an einer ganz konkreten Sache die mir wichtig ist:

Der Leipziger Bürgerentscheid ist gesetzlich drei Jahre bindend. Das heißt nach den drei Jahren kann es durchaus passieren, dass diese Debatten wieder aufkommen sollte sich bis dahin nicht grundlegend etwas an der Situation der Kommunen geändert haben.
Die Schieflage des Kommunalhaushalts ist keine Leipziger Besonderheit. Leipzig teilt diese "Krankheit" mit vielen anderen Kommunen in Deutschland, so dass es an der Zeit ist, die Epidemie einzudämmen statt an Symptomen herumzudoktern. Vermögensverkäufe verstellen den Blick auf die Ursachen dieser Misere. Städtische Schulden, die aus einer dauerhaften strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen durch den Bund und das Land entstehen, können nicht durch den Verkauf von Eigentum der Stadt ausgeglichen werden. Die gleichen Probleme existieren in vielen anderen Städten. Aus diesem Grund habe ich gemeinsam mit anderen im Nachgang unseres Bürgerentscheides ein bundesweites Netzwerk von Initiativen gegründet welches sich zum Ziel gesetzt hat:

1. Die Privatisierungen von Bereichen der Daseinsvorsorge in den Städten zu stoppen und umzukehren. (Es haben im letzten Jahr eine Reihe weiterer erfolgreicher Bürgerentscheide in verschiedenen Städten stattgefunden.)

und

2. Die Finanzierung der Kommunen durch den Bund muss wieder auf sichere Füße gestellt werden. (Gemeindefinanzreform! Ein Thema welches in der letzten Legislaturperiode von keiner(!) Fraktion im Bundestag thematisiert wurde.)

Dafür ist es aber notwendig den Druck den wir in den Städten durch die Initiativen, durch Bürgerentscheide usw. aufbauen können auch auf Bundesebene zu tragen.

Als Abgeordneter würde ich einerseits diesen Druck direkt ins Parlament tragen können und andererseits auch die Arbeit des außerparlamentarischen Netzwerks von Bürgerinitiativen stärken können.

Ich hoffe mein Anliegen und politisches Verständnis ist klar geworden.

Beste Grüße,

Mike Nagler